am Waldrand ein Reh
das Licht wendet sich
im Halbdunkel der Weg
brauner Samt liegt in der Luft
tastbare, feine Sehnen
schneiden in die Gewohnheit
war es je so still
haben wir je so weit gedacht
das Reh flüchtet
Das Magazin für Eigenart
am Waldrand ein Reh
das Licht wendet sich
im Halbdunkel der Weg
brauner Samt liegt in der Luft
tastbare, feine Sehnen
schneiden in die Gewohnheit
war es je so still
haben wir je so weit gedacht
das Reh flüchtet
Auf gewohnter Straße färben Bäume, Licht und Plakate das Gedächtnis. Hauseingänge riechen nur hier so. Mein Gang wird schneller, die Schatten dunkler. Ich höre die Fragen ihrer Gesichter.
Auf dem Stadtplan verirre ich mich zwischen Straßennamen, taste die Stadtmauer entlang durch den grauen Graben hinauf zur Burg. Falken stechen in den glühenden Untergang der Sonne. Ich verharre vor dem Drehkreuz, versinke in die Weite des Tals bis zur Bergkette. Ich bin da.
wir trinken von deinem Wasser
Fisch, dich nährt das Licht
dein stilles Singen fordert zum Tanz
vielleicht ist noch Zeit
wir trinken von deinem Feuer
Vulkan, dich nährt der Stein
dein brennendes Sterben mahnt uns zur Feier
vielleicht ist noch Zeit
wir trinken von deiner Erde
Baum, dich nährt der Wind
dein schwankender Stand weckt uns
vielleicht ist noch Zeit
wir trinken von deiner Luft
Vogel, dich nährt die Weite
deine verlässliche Rückkehr löst unsere Trauer
vielleicht ist noch Zeit
Wann baute Dornröschen die Mauer?
Wo hatte sie die stacheligen Rosen her,
die sie pflanzte,
und stieß sie die Schaufel dafür in die Erde,
schwitzend und gebückt,
voller Vorfreude auf den Schlaf,
den ungestörten Schlaf,
den sie sich redlich verdient hat?
Hat sie den Wecker gestellt?
Und als sie die Augen öffnete, waren da
all ihre Pläne aufgegangen?
Sagte sie „Setz dich da hin und halt still“
zu dem Prinzen und klebte ihm
fröhliche Pflaster auf die zerschrammte Haut,
zufrieden mit dem, was sie ertastete?
Ein Königreich für den ersten Gedanken,
der ihr durch den Kopf ging.
glückliche Kindheit,
lässige Mutter
und als Haustier einen Bären,
größer als der von der Losbude.
der Zwerg kriegt sein Fett weg.
dazu gibt’s nen Schatz
und am Ende pro Nase
einen Märchenprinz gratis.
Blöde Schnepfen.
30, Single, backe gern Kuchen
und schätze
hier und da ein gutes Glas Wein.
Meine Lieblingsfarbe ist rot.
Such naturverbundenen Ihn
für ausgedehnte Wandertouren und mehr.
Wenn du schöne Augen hast und kräftige Hände
und ein Lächeln mit strahlenden Zähnen,
dann schreib mir.
Das Kennwort ist:
Jagdschein.
Das lustvoll Gegessene wieder ausspucken.
Sich modisch gürten, dass einem die Luft wegbleibt.
Im Glassarg zum Bild erstarren
als Männertrophäe – ja,
Schneewittchen ist ein hoffnungsloser Fall.
Wie typisch die Lösung:
Nicht der Faustschlag eines Riesen,
Nicht der Schlachtruf eines Einhorns,
Nicht der Schwerthieb eines Prinzen
löst den Bann, nein, es ist:
das Stolpern eines Zwergs.
Das muss wohl den meisten genügen.
Ein reicher Mann ist einmal ausgegangen, er wollt mit anderen Reichen speisen, gerade, wie es die feinen Leute immer tun. Da aber haben die Dinge in seinem Hause sich gedacht, dass sie sich’s auch einmal wollten gut gehen lassen. Und es war ein Schrank unter ihnen, der hat den Bauch voll des Branntweins gehabt, den tät er den anderen kredenzen. Und sind sie alle lustig worden und immer wilder in ihrem Übermute; der alte Stiefelknecht tät sich auf die Chaiselongue legen, das Geschirr hat munter auf dem Tische geklappert und ein Hifthorn und eine Tanzgeige, die haben ihnen dazu aufgespielt, die waren froh, dass sie sich hören lassen durften; denn es hätt sie ihr Herr nur zum Zierrate an die Wand gehängt, denn er war kein Musikus und pflag viel lieber dem Klingen der Taler zu lauschen tagein, tagaus. Doch wie sie alle sind immer trunkener worden, ist ein Streit aufgekommen, es war ein alter Stiefel wohl eifersüchtig auf einen jungen Käs geworden, der hat mit seiner Bürste getanzt. Und hast du nicht gesehen, gab ein böses Wort das andere, das Tintenfass hat mit dem Brotkorb das Raufen angefangen, da traten dann auch Kerze und Schirm hinzu, und schließlich hat die ganze Gesellschaft, die eben noch so munter miteinander ist gewesen, einander Wims und Knuff gegeben. Und als unser lieber Herr Jesus, der an seinem Kreuze an der Wand gehangen, ein begütigendes Wort spricht, hat ihn der Wandschirm gepackt und in den Ofen geworfen, denn der Wandschirm war aus dem fernen Nippon und achtete der anderen Götter nicht. Und noch manch andres hat sein Leben ausgehaucht in dieser Rauferei, der Feuerhaken tät ein ganzes Regiment von Tellern erschlagen, ein altes Buch ward in der Waschschüssel ersäuft und gleich vieles mehr. Unter all dem kommt der reiche Herr nach Hause und mag es gar nicht fassen, was er sieht, spricht „Weh!“ und „Ach!“, und da er einen Schritt in die Stube macht, fällt er über ein sterbendes Schemelchen, schlägt unglücklich mit dem Kopfe auf eine ohnmächtige Bain Marie und war selbst hinüber. Und weil er ein alter Hagestolz gewesen ist, hat er keine Kinder gehabt, und was noch zu gebrauchen von seinem Hausrate, das ward in alle Welt verkauft. Manche haben’s besser funden, andere schlechter, just wie es so geht in der Welt. Das Hifthorn aber ist zu einem Jägersmann gekommen und fürderhin alle Tage an der guten Luft gewesen, war fröhlich allzeit und hat nimmer der alten Tanzgeige und des Heilands im Ofen gedacht.
Märchen sind wieder im Kommen, hieß es vor ein paar Jahren.
In Nürnberg gibt es sogar mindestens eine Märchenerzählerin.
In der Pandemie ist sie wohl nicht verfügbar. Märchen, mit Maske vor Mund
und Nase erzählt, sind wahrscheinlich ziemlich unglaubwürdig.
Ich bin mit Märchen aufgewachsen und liebe Märchen. Meine Oma hat mir -als Kind, als ich krank war- einen ganzen Nachmittag lang Märchen vorgelesen.
Bis ihre Stimme heiser war. Ich bat sie um noch eins und noch eins…
Es ging mir natürlich um das Hören der Geschichten – und sicher auch darum,
dass meine Großmutter in meiner Nähe war und blieb…
Auch in meinen erwachsenen Jahren haben mich Märchen begleitet.
In meinen Psychosen, so behauptet man, würde ich in einer Märchenwelt leben.
Und mein englischsprachiger ehemaliger Verlobter meinte nüchtern, das Leben wäre kein „Lala-Land“.
So grausam wie in einem blutigen Märchen ist unser deutscher Alltag nicht. Nicht mehr. Wirkliche Grausamkeit spielt sich oft lediglich subtil, in der den Blicken verborgenen Psyche – und in fernen Ländern, woanders ab. Was die Grausamkeit nicht wirklich leichter und erträglicher macht. Es scheint auch nicht mehr am Ende der Lebensgeschichte ein Happy End zu geben.
Ich möchte einmal ein richtig gutes Märchen schreiben. Vielleicht sogar eines, was heutzutage stattfindet.
Es gibt keinen Platz mehr für Märchen in unserer sachlichen, wissenschaftlich geprägten Welt und Gesellschaft. Da geht es um Leistung und Ellenbogen-Mentalität. Nur den Kindern räumt man gnädig das Recht ein, an Märchen glauben zu dürfen.
Irgendwie hat es sich – für Erwachsene zumindest – ausgemärchelt.
Der Spruch von Oskar Wilde: „Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut ist, ist es auch noch nicht das Ende“ gibt mit Halt und Hoffnung, wenn das Märchen versagt.
die Kirche
geisselt die Unzucht
die welken Engel
verbreiten das Laster
auf der Flaniermeile
ist ein Strich gezogen
die Wasser fliessen rückwärts
in ihren Quell
der Kardinal
ein fetter Bläser
lebt seinen goldenen Traum
unter der Soutane
pulsiert das Aspergill
harzt der Weihrauch
Oblaten sind getrüffelt
im Katalog
hat man
den Priesterkalender
im Internat
frische Wichtel bestellt
das Bussgeld ist witzig
die Oblaten flambiert
der Weihrauch entleert
die Verdauung intakt
Testikel werden pochiert
die Engel
verbreiten das Laster
der Kardinal
auf der Flaniermeile
zieht
keinen Strich
das Neonlicht
flackert
in der Dunkelheit
in meinem Dorf
winden sich die Lenden
am Euter
der Spucknapf
ist fett
und einsam
am Lagerfeuer
wird er zur Butter
für Steckrüben
am Arsch der Welt
zählt nur
das Ritual
rote Lippen
sind ein Skandal
nass
zeigen sie
die Wirklichkeit
ungefragt
das Neonlicht
flackert
am Arsch der Welt
zählen nur
Geschenke
Jedes Deutschen Pflicht:
sich für liebe Geschenke
zu revanchieren.
Revanchieren, französisch,
von revanche, zu deutsch: Rache.
Jay-Z: Yo girl, wir schenken uns dieses Jahr nix ok?
Beyonce: Ok my boy.
An Heiligabend dann…
Beyonce: Also ich hab jetzt doch ne Kleinigkeit für dich.
Jay-Z: Grönland? Du hast mir Grönland gekauft?
Beyonce: Ja, warum? Gefällt es dir nicht?
Jay-Z: Doch doch! Ich weiß nur nicht wohin damit.
Beyonce: Ach das ist doch egal. Die Hauptsache ist doch, dass man uns liebt.