Eisenbart und Meisendraht ist das Literaturvermittlungsmagazin für geschundene Seelen. Jeden Monat wird ein neues Thema von unserem Schriftsteller*innenpool beackert und hernach in Radiowellen (Z) transformiert, in den Pod geschmissen und hier im Internet kybernetisch in den space gepresst.
Diese Seite ist gut, denn sie bietet eine einwandfreie Möglichkeit, in allen Beiträgen herumzustöbern, die im Rahmen von EB&MD veröffentlicht worden sind.
Aktuelle Themen
Neue Textbeiträge
Robert Segel: Stiller
Stille.Immer wieder diese Stille, atemlos und unschuldig. Eine kalte Nacht, selbst in dieser Region.Eine beschwerliche, eine trostlose Nacht.Und immer wieder diese Stille.Eine einzelne Kerze, die schummriges, rußiges Licht spendet.Eine Kerze, die keine Wärme spenden kann.Dazu abgekämpfte, raue Männer, die keinen Schutz vor dem harten Wind suchen, sondern das Neugeborene sehen wollen.Männer, die seltsame Geschichten aus einsamen Nächten am Feuer murmeln.Und dazwischen, wenn die Mutter den Blick auf das Kind freigibt, immer wieder diese Stille.Vor dem Neugeborenen werden die zermürbten Männer, die so laut sein können, immer wieder plötzlich still.Absolut still.Ihre Tiere, die sie mitgebracht haben, rühren sich kaum.Die Welt um...
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Matt S. Bakausky: Das sechste Ei
Peinlich wäre es mir einen Bekannten zu fragen. Nur noch wenige Tage bis Ostern. Ich hatte bereits ein Sechserpack Ü-Eier gekauft. Sie schauten mich vom Tisch aus an und es kam mir so vor als würden sie meine Lage belustigend finden. „Der ist 33 und will noch Ostereier suchen!“ … „Der kennt niemanden der uns für ihn verstecken will!“...“Voll der Versager!“ Ich steckte mir Kopfhörer in meine Ohren und stellte die Geräuschunterdrückung an. Dämliche Eier, kennen mich doch gar nicht. Ich wollte nur Ostereier suchen, wie ich es als Kind getan hatte. Karfreitag war ich so frustriert, dass ich im...
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Leo Fischer: Ostern
Ja, also eigenartig, Ostern. Also wir haben da immer, naja. Wie das halt damals so üblich war. Ja, wir haben uns nicht viel gedacht, es ist ja ursprünglich auch ein heimischer Brauch, und dann ging das eben so. Von statten, wie man so sagte. Das ist ja lustig, da haben die Christen, dass ist teilweise gar nicht bekannt mehr auch. Ganz viele christliche Bräuche sind ursprünglich pure Gewalt, und dann ist da irgendwann einfach noch die Bedeutung dazu. Naja, heute wissen wir es anders. Also einfach genommen und dann ganz tief in die Farbe hineingehalten, bis irgendwann dann ja auch...
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Robert Alan: Ostern
Die Katze lag hinter dem Werkzeugschuppen meines Opas. Eines ihrer Augen war mit Blut gefüllt und der hintere Teil ihres Körpers war komplett zerdrückt. Der Mund stand offen. Kaum zu glauben, dass ich dieses tote, verformte Ding gestern noch gestreichelt und geschmust habe. Das Fell schien hart und verklebt. Robert da ist nichts! Du bist völlig falsch! - rief meine Mom. Es war ein schöner Tag. Ich wollte, dass er schön bleibt. Also unterdrückte ich die Tränen und suchte weiter mein Osternest.
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Andreas Thamm: Die beige Hose meines Bruders
Mein Bruder trug diese beige Buntfaltenhose, die er ganz über den Bauch zog, sodass sie unten seine Knöchel freiließ. Er trug sie zum Wandern. Ganz im Gegensatz zum Rest der Familie war mein Bruder hoch gewachsen und schlank, sein Gesicht kantig und spitz an allen Stellen, die spitz sein können. Zur Buntfaltenhose hatte er, auch das wie immer, wie in jedem Jahr und an jedem Sonntag, ein weißes Hemd gewählt, darüber eine Weste, ebenfalls beige. Er passte nicht zu uns. Er passte auch nicht zu sich selbst. Er war zu alt, obwohl noch so jung. Er sprach wie andere Aufsätze...
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Daphne Elfenbein: Winterschlaf mit Aldi
Ein unspektakulärer Tag. Das Leben im Elfenbeinturm ist nicht eben glamourös. Im Gegenteil. Frau Elfenbein schaut zu, wie aus einer undichten Stelle am Himmel der weiße Elfenstaub herabsinkt und beschließt, sich wieder einzurollen und den Winterschlaf fortzusetzen. Da irgendwann gegen Abend die wöchentliche Auffüllung der Speisekammer ansteht, schickt sie ihre Dienstboten zu einem Aldi-Markt, der still und mit Essen lockend, wie einst Mama, im Schnee steht und Kundschaft jeglicher Herkunft gleichberechtigt aufnimmt. Aus den winterschlafverklebten Augen glaubt Frau Elfenbein zu sehen, wie ein Mann im Aldi einen Kohlkopf vor sich herträgt und auf das Fließband legt. Irgendwer sagte ihr später,...
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Sarah Grodd und Lukas Ullinger: Ein Brunch – zwei Perspektiven
Sie weiß es. Sie weiß es ganz genau. Ich hasse brunchen. Wer hat sich diesen Unsinn überhaupt einfallen lassen? Überhaupt, diese unmögliche Uhrzeit. Soll das jetzt Frühstück oder Mittagessen sein? Das ist doch normalerweise nicht ohne Grund getrennt. Brunch – schon dieses Wort löst Abneigung in mir aus. Müssen wir jetzt für alles einen neuen Begriff einführen? Nicht mal Hobbits nennen ihr zweites Frühstück Brunch. Sondern das was es ist: ein zweites Frühstück. Und dann das Zeug, das es da zu essen gibt. Grenola, Granola oder was weiß ich, für mich ist das einfach Ofen-Müsli-selbstgemacht, aber egal. Im Prinzip wäre...
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Andreas Lugauer: Nahteufelerfahrung
Für Eilige wird es am Ende dieses etwas längeren Textes eine Zusammenfassung geben. In der Nürnberger Innenstadt gibt es ein kleines Café namens Treppenhauslounge. Es wird betrieben vom CVJM. Das ist der Christliche Verein Junger Menschen, der deutsche Ableger der – wir kennen sie von den Village People: YMCA, der Young Men’s Christian Association. Die Belegschaft der Treppenhauslounge wechselt häufig, immer aber besteht sie aus jugendlichen und jungerwachsenen Christ*innen von überall auf der Welt, die in ihrem jeweiligen Herkunftsland Mitglied des dortigen YMCA-Ablegers sind. Gelegentlich bin ich vormittags Gast in diesem Café, um vor der Schreib- und Lektürearbeit in einer...
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Ronja Paffrath: Frühstück
1name dropping in nürnberg zur blauen stundeClara Fieger trifft im Cereal FoyerCeal Floyer persönlichmit einem Frostie auf den KopfÜber dem Kopf von Kerstin Stakemeierbringt mich eine psychotherapeutische emotionstabelle zum weinen,ich halte ein und falle,rein, schön, falle!Wie kluge Wörter über KP Brehmermich zu Trost zürück bringen,wie Frosties Milch herunter 2Ich habe meine Tage,alle.Meine Tage gehören mir.Ich habe meine Tage alle gegliedert:Die Nacht mit dem Schlaf dazwischen kommen zu lassen und dann zur etwa gleichen Zeit zu frühstücken ist wichtig, damit dastägliche Licht zum immer gleichförmigen (aber nicht zwingend gleichgroßen) Rechteck wird. Die Tage sind dann schon vomLicht bezeichnet und man müsste...
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Theobald O.J. Fuchs: Frühstück
Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages. Die Zeitung ist ein wichtiger Bestandteil des Frühstücks. Nicht der wichtigste, aber schon sehr wichtig. Aber die Zeitung kommt heute sehr spät. Durchs Küchenfenster sehe ich die Zeitungsfrau auf ihr Rad steigen und weiter fahren. Ich gehe hinaus, ziehe die Zeitung aus der grünen Plastikröhre, die außen an unserem Jägerzaun befestigt ist. Ich will schnell zurück ins Haus, weil das Frühstück wartet. Im Gehen werfe ich einen Blick auf die Schlagzeilen und bleibe überrascht stehen. Da steht: »Verdacht bestätigt – erster Todesfall seit 143 Jahren!« Drinnen stehen für mich auf dem Küchentisch...
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Matt S. Bakausky: Die Person, die beim Spiel des Lebens schummelte
Die meiste Zeit verbringt man also in diesen Casinos und spielt darum am großen Rennen teilzunehmen. Doch man muss auch Zeit im Becken verbringen, um Schwimmen zu üben. Und mit viel Glück gewinnt man dann das goldene Ticket und darf an einem Rennen teilnehmen.Jaja, das Licht am Ende des Tunnels - das sind die Glühlampen der großen Casinos. Wissen nur die wenigstens, aber ich weiß es, denn ich erinnere mich noch genau daran, als wäre es gestern gewesen.Die Zeit vergisst man dabei, dafür sorgen die großen Casinobetreiber schon. Nirgendwo gibt es eine Uhr oder einen Hinweis darauf, ob es gerade...
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Marius Geitz: Zocken II
Oben und untenUnd stark und schwachVielleicht ist das die falsche UnterteilungGeöffnet und verschlossenUnd das korrekte MaßVielmehr geht es doch darum bereit zu sein Sicherheit und SicherungDes eigenen TunSo viel Angst davorNochmal loszugeh‘nDoch der UmkehrschlussIst der endgültige StillstandUnd somit der VerlustTiefer zu seh‘n Bereit für die ÖffnungBereit für den VerschlussBereit dafür, dass sich was bewegtDoch bereit zu seinHeißt eine Lücke zu erkennenUnd diese Lücke auch zu verstehen Der Gewinn ist reinDer Gewinn ist klarDer Gewinn ist was gewonnen werden willNur leicht zu erreichenIst dieser sicher nichtSonst wär’ das Leid auf dem WegNichts wertwenigstens nicht viel
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Marius Geitz: Zocken I
Kaum ist eine Unzulänglichkeit offenkundig geworden,fallen die Geier ein und zerfleischen alles.Kaum ist ein kleiner Riss sichtbar geworden,werden die Brechstangen angesetzt und heben alles aus den Angeln.Kaum hat das Tempo für einen Moment nachgelassen,Kommen die großen Räder und walzen alles platt. Die Konsequenz daraus müsste sein,jede Unzulänglichkeit zu verstecken.Die Konsequenz müsste sein,Jeden kleinen Riss zu verputzen.Sie müsste sein,Das Tempo unaufhörlich beizubehalten.Kann das unsere Lösung sein? Besser wäre doch,Wir lachten die Geier ausBesser wäre doch,Wir schmälzten die Brechstangen einBesser wäre doch,Wir fänden unser eigenes TempoUnd am besten wäre doch,Wir höben das Kinn und riefen:Wir entscheiden selbst.
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Untot in Gostenhof: (4) Serban zockt
Ida saß auf dem Sattel ihres schwarzen Damenrades und stützte sich mit einem Fuß an der wuchtigen Türschwelle des Gründerzeit-Wohnhauses ab. Es war Herbst, der Himmel hing graugelb wie Haferschleim über der Stadt, ein eisiger Wind blies durch die Straße und schleuderte eine Handvoll Regentropfen nach der anderen waagrecht gegen Passanten und Fensterscheiben. Auf dem Gepäckständer des Fahrrades war eine Banane festgeklemmt. Ida machte keine Anstalten, abzusteigen oder loszufahren. Stattdessen rauchte sie eine lange, dünne Zigarette in einer silbernen Zigarettenspitze. Ein kleiner Junge mit einem bunten Schulranzen auf dem Rücken bog um die Ecke und hüpfte auf die Türschwelle. »Hey, Alfons!« begrüßte Ida den...
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Robert Segel: LeidEchse
Ich habe die Hinterbeine entdeckt und du den Schwanz.Einen Wimpernschlag, bevor sie in einer der unzähligen Felsspalten verschwanden. Doch dieser Augenblick genügte, um sich das Muster einzuprägen. Ein sattes Grün, durchstreift von sandfarbenem Braun, besprenkelt mit dunklen Tropfen. Die winzig kleinen Schuppen, angeordnet in perfekter Symmetrie, erschaffen worden, um Sonnenstrahlen zu empfangen und Regentropfen abzuwehren. Eine Eidechse, die es hier zu tausenden gab, und die bei jedem Schritt von uns flüchteten, ins Gras oder unter einen Stein und man sich immer wieder fragte: „Warum die Flucht?“Man hätte sie niemals ausmachen können mit ihrer Tarnung. Ein Wunder, eines von so vielen...
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Verena Schmidt: Chiffre Glücksspiel
Socken. Ähh zocken (jiddisch "zschocken") steht laut Wikipedia umgangssprachlich seit den 2010er-Jahren für das Spielen von Computerspielen - und bei diesem netten Zeitvertreib ist man ja meist alleine. Anders verhielt es sich in den Zeiten des Wirtschaftswunders. Hornbrille zurechtgerückt und Ohren gespitzt. Unter dem Buchstaben K findet man einen hilfreichen Leitfaden zur Vorbereitung einer Kartenpartie und im Anschluß zum gesellschaftlichen Verhalten wären des Kartenspielens. Da die Zusammenkunft in privatem Kreis stattfindet, wird der Gastgeber angehalten alles so vorzubereiten, dass das Spiel gleich beginnen kann, wenn die Runde vollzählig beisammen ist. Zur Vorbereitung gehören: ein passender, mit grünem Tuch bespannter Tisch...
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Christine Wiesel: Fritz, der Glücksspieler
Schlappernd mit Hundeblick eingenässt und verkotet vegetiert er der Fritz. Er lebt noch, was denkt er? Hat er jeweils etwas gedacht? Oder nur alle benutzt und ausgebeutet? Olga gebar den Manfred, entstanden irgendwann durch den Herrn Papa, lange vor meiner Zeit und lange nicht gewahr. Was war ihm wichtig? Hat er einmal jemanden richtig geliebt? Alles nicht klar. Die Partnerinnen waren z. Teil einfach so fabelhaft und gingen an ihm zugrunde oder fast. Die soziale Frage brachte selbst mich um den Verstand. Am Lebensende hat es auch mich erreicht und ich sehe die geöffnete Hand.
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Robert Alan: Zocken
Ich lad mir jetzt Tinder und zieh nach Berlin, sagte er mit schweren Augenlidern an der Bar. Ein paar Jahre später sah ich ihn mit Kind und Kegel vor einer Eisdiele im Nachbarort sitzen. Er schien so dermaßen glücklich, dass ich mich nicht getraut hab, hallo zu sagen. Natürlich hat man ihn nie in Berlin gesehen und für's Tindern fehlte ihm die Romantik. Aber manchmal muss man fürs große Glück auch einfach nur im Lotto gewinnen.
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Daphne Elfenbein: Casino
„Du gehst heute Abend nicht da hin!“ Sie haute die Faust auf den Tisch, dass die Weihnachtsdeko hüpfte. „Oder ich verlass dich!“ Es war still. Gleich würde eine Tür schlagen. Er stand in der offenen Badezimmertür und füllte ein Glas mit Wasser. Sie saß am Küchentresen. Er kramte im Spiegelschrank, warf sich ein paar Aspirin ein, kippte das Wasser runter und zog seinen Mantel an. „Du siehst aus wie ein Penner“, sagte sie. „Danke, das ist charmant von dir, sagte er leichthin, „ich geh heute zum letzten Mal, Liebes, glaub mir“. Er kratzte sich die Bartstoppeln, strich seiner Frau zerstreut...
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Christian Schloyer: Let’s Play mit Komplettlösung
aus Christian Schloyer: Jump'n'Run (poetenladen, 2017)
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