Christian Knieps: Der Wanderer

Der Wanderer hatte sein Ziel fest im Blick und schien dennoch noch weit davon entfernt zu sein. Den Gipfel hinan richtete er seine Augen und wusste, dass er die alte Burg von dieser Stelle des Berges aus sehen würde. Als er endlich schnaufend und mit verausgabten Kräften sein anvisiertes Ziel erreichte, ließ er sich auf einen Steinblock nieder und schaute gen Sonne, die hinter der Burgspitze stand und das vor ihm ausgebreitete Tal hell erstrahlte. Durch die Wolken gleißte das Licht in verschiedenen Sphären und malte sonderliche Konturen auf den Boden und die Wälder, mal schattig, mal sonnig, aber immer mit einer raumgreifenden Helligkeit.

Langsam packte der Wanderer eine Wegration aus seinem Rucksack, trank etwas und begann, die mitgebrachte Wurst zu zerkleinern, als er unvermittelt den Kopf hob und etwas zu sehen bekam, von dem er bis ins Mark erschrocken zurückblieb. Aus der Sonne hatte sich ein gleißendes Etwas gelöst und auf den Weg zur Burg gemacht. Wie eine sanfte Feder sank dieses Etwas Richtung Burg nieder, leicht schwankend, sodass der Blick des Wanderers wie gebannt war.

Wie viele Minuten vergingen, konnte der Zuschauende nicht sagen; nach einer geraumen Weile stand dieses Etwas als leuchtender Punkt über der Burg und schien zu warten. Worauf, das wusste der Wanderer nicht, aber als die Sonne hinter der Wolke hervorkam und das Tal vollends bestrahlte, verband sich dieses Etwas mit der Sonne und gab die Strahlkraft weiter an die Burg, sodass diese hell erleuchtete.

Der Wanderer war fasziniert von dem Schauspiel, das nach einer schieren Unendlichkeit zu Ende ging. Die Wurst hatte er immer noch in seiner Hand und ließ sie auf dem Platz liegen, packte seinen Rucksack und machte sich auf den Weg ins Tal. Dort angekommen hörte er von einer alten Frau, die sich mit einer anderen unterhielt, wie die Prinzessin, die in der Burg lebte, vor wenigen Stunden ein gesundes Kind geboren hatte. Plötzlich war dem Wanderer bewusst, dass er etwas erlebt hatte, das nicht für seine Augen bestimmt gewesen war, das aber ab nun ein Teil seiner eigenen Legende sein würde.

Michael Schmidt: Wuiser und das Wandern

– Wo wird denn der Professor Wuiser sein?

– Warum?

– Weil er nicht da ist.

– Mei, wird er halt wahrscheinlich wo hingegangen sein.

– Ja, bestimmt. Bestimmt ist er irgendwo hingegangen. Weil daheim ist er nicht. Aber wundern tut mich das auch nicht, zumindest nicht direkt, dass er wahrscheinlich wo hingegangen ist. Der Herr Wuiser ist ja so gut wie andauernd unterwegs. Gut, wär ich auch an seiner Stelle. Ich meine, wenn ich in seiner Zwölfquadratmeterwohnung da droben hausen müsst. Da würd ich auch andauernd woanders hingehen. Aber der Professor Wuiser ist ja gerade auch darum andauernd unterwegs, weil er das im Blut hat. Der stammt ja aus einer Familie von Wanderern. Was sag ich, aus einer ganzen Dynastie! Aus einer uralten! Weil was viele gar nicht wissen, ist, dass ein Urururahne vom Professor Wuiser sogar die Völkerwanderung ausgelöst hat.

– Was Sie nicht sagen!

– Ja, wenn ich’s Ihnen doch sage! Die Völkerwanderung! Die war eigentlich als Tagesausflug geplant. Ist dann aber irgendwie eskaliert. So was ist ja in der heutigen Zeit gar nicht mehr vorstellbar. Heute schnaufen sie schon, wenn sie nicht Schlag Mittag auf einer Berghütte sind. Zum Einkehren. Die immer mit ihrem Einkehren! Und wenn sie Pech haben, setzen sie ihnen ein paar ranzige Pommfritz vor oder einen alten Leberkäs oder einen Fingerhut voll Kaffee und ganz am Ende dann eine Rechnung von 80 Euro. Aber wer hätt sich das während der Völkerwanderung schon leisten können. Die haben ja selber nichts gehabt! Was haben die denn früher generell gehabt! Nichts! Und darum, hat der Professor Wuiser gesagt, geht er grundsätzlich nie auf eine Berghütte rauf. Ja, nicht mal auf einen Berg! Sondern immer ganz weit außen rum. Oder wenn es einen Nebel gibt. Wie letztes Mal. Wie der Herr Wuiser den gesehen hat, ist er auch ganz einfach um den herum gegangen. Weil es angeblich die Berge und die Nebel gewesen sind, sagt er, die seinen Urahn mit der ganzen Völkerwanderungs-Combo so in die Irre geführt haben. Aber am Ende, ganz am Ende, sind sie halt doch bei Rom drunten ausgekommen. Zum Glück! Weil sonst wär am Ende – und da mein ich jetzt tatsächlich ganz, ganz am Ende – sonst wär da noch irgendwas passiert, bei dieser Völkerwanderung da. Sonst hätte das noch was werden können, gell.

Jörg Hilse:Tausendfüßler

Ein Tausendfüßler aus der Rhön
fand, es wär doch so schön
sich einfach ein Ticket nach Spanien zu kaufen
und den ganzen Jakobsweg runter zu laufen.

Und er bestellte in aller Ruhe
bei Zalando 500 Paar Schuhe
Die kamen nur langsam
Stück für Stück
Als Sonderanfertigung aus Quakenbrück

Tausendfüßler sprach bang
Das dauert mir aber zu lang
Und trat von der Reise zurück.

Iulia-Alexandra Mladin: Tik Tak


Auf dem Haupt des stolzen Berges
Summt, die Stille
Sie nimmt, dich ein.
Der Blick verfängt sich
Er rollt,
Durch graue Trostlosigkeit aus Staub.
In Wellen von Dunst ergießt sich
Das Meer ihrer Konturen.
Erspäht,
Durch des blauen Himmels Vorhang.
Die Uhr aus Schotter und Stein
Schlägt, nach einem alten Takt,
Beschwichtigt, deine Schnelllebigkeit.
Das sture Schweigen der Berge
wie Wachen, über’n großes Reich.
Im schroffen Eigensinn erhoben,
Die spitzen Kanten ihres Steins.
Die Bergen tragen,
in ihren Wogen,
die alten Lieder der Welt.
Die Lieder von Unendlichkeit, und Ruhe
und wie alles Sein – vergeht.

blumenleere: revival des nomadentums



wenn leben bewegung ist, was bedeutet denn aber dann der umstand, dass ein groszteil der menschheit ihr ideal in der radikalen seszhaftigkeit sucht? zudem gelte das streben nicht selten dem permanenten erhalt, sprich, der extremen stabilisierung eines zustandes wie z.b. die idee von der unsterblichkeit – & am besten dann gar auch noch fuer immer in dem einem am genehmsten alter konserviert. ja, wurde hier nicht etwa leben mit endgueltigem tod vertauscht? drum lasset uns lieber wandern!, die berge hinauf & hinab – ach, viele zaeune, mauern & grenzen werden wir zu ueberschreiten haben, solange die idiotie des besitzes & eigentums gewaltbereite in den wahnsinn fuehrt … –, entlang kontaminierter meere, mit lachen, alkohol & gesang. & helfen uns die simplen raeusche nicht mehr, uns die koepfe aus den schlingen zu ziehen, lobotomisieren wir uns schlicht & ergreifend & schnupfen kristallines lsd …

Angelika Jodl: Wandern

Drei deutsche Touristen haben einen Individualurlaub in China gebucht. Höhepunkt ist eine Wanderung auf der Großen Mauer. Aber von Anfang an ist die Stimmung angespannt. Die schöne und verwöhnte Didi geht davon aus, dass grundsätzlich jeder Mann für sie zu haben sei und hat in diesem Urlaub bereits mehr mit Theo, dem Mann ihrer Freundin Alicia geflirtet, als der Stimmung in der Reisegruppe gut tut. Außerdem gefällt ihr der chinesische Reiseleiter Lai und sie geht davon aus, dass die Zuneigung gegenseitig ist, obwohl man sich in keiner Weise verständigen kann. Und nun geht es hinauf zur Mauer.

Am Eingang zum Parkplatz schlichtete ein älteres Männlein Waren auf einen wackeligen Klapptisch. Fellmützen mit rotem Stern, Sonnenhüte mit darauf applizierten dicken Pandabären aus Stoff und lageweise T-Shirts mit dem Aufdruck I climbed the Great Wall. Als er sie sah, bückte er sich zu einer Kühltasche am Boden und förderte drei Dosen ans Licht. „Look-a!“, kläffte er, „Cool-a water!“
„Also irgendwie ist das schon …“, sagte Didi.
„Es ist einfach, wie es ist“, sagte Alicia, ohne zu lächeln.
Didi beschleunigte ihren Schritt, sie wollte mit all diesen Neppern, den jaulenden Krämerseelen hier nichts zu tun haben. „Ich finde es wirklich daneben. Es zerstört so viel von der Atmosphäre hier.“
„Cola!“, rief ihnen das Männlein hinterher. Und als keine Antwort kam: „I lemember you!“
„Klingt ja fast wie eine Drohung“, sagte sie und lachte kurz auf.
Sie fuhren weiter. Dann machte die Teerstraße einen Knick, der Bus hielt an. Eine Ziegelmauer, eine schmale Tür. Lai stieg als erster aus und schloss sie auf.
„Hier beginnt unsere Wanderung“, sagte Elias. „Wir füllen nur noch Wasser auf. Und Sie können sich noch einmal erfrischen, wenn Sie wollen.“
„Wo sind wir?“, fragte Didi.
Dann sah sie Lais Lächeln und verstand: Dies war sein Zuhause! Neugier und Aufregung verschlugen ihr den Atem. Wie lebte dieser Mann? Was sah er zuerst am Morgen, zuletzt am Abend? Sie betrat einen Innenhof aus Beton, dann einen großen, kahlen Raum mit zwei Schmuckstücken: ein riesiges, holzgerahmtes Barometer und ein Flachbildschirm. In der Ecke stand ein großer Kang aus Ziegelsteinen, bedeckt von einer dünnen Steppdecke. Ein Geruch schwebte in der Luft, den sie nicht kannte – Mottenkugeln? Sie hatte irgendetwas erwartet, das bunt war, eine aufregende Geschichte erzählte, sie spürte ein Ungenügen in diesem Raum und empfahl sich selbst, einfach abzuwarten, was weiter käme.
Sie betrat den Waschraum. Auch hier war alles kahl – an der Wand hing ein Schlauch, im Boden gab es einen Gully, sonst nichts. Kein Spiegel. Sie spritzte sich Wasser aus dem Schlauch ins Gesicht, spülte sich den Mund aus. Wie gern hätte sie ihr Haar überprüft! Flüchtig dachte sie an eine Freundin ihrer Mutter, die seit Jahren ihre Sommer mit einem deutlich jüngeren „Freund“ in Marokko verbrachte. Durch die dünne Betonwand hörte sie ein sanftes Grunzgeräusch, irgendwo musste hier auch noch ein Schwein leben. War sie auf einem Bauernhof gelandet?
„Herr Lai ist Farmer?“, hörte sie Alicia sagen, als sie ins Freie trat.
Im gleichen Moment fuhr in großem Schwung auf einem Moped eine Frau herein, eine Chinesin mit zinnoberroten Backen. Lai lächelte. Elias sagte: „Herr Lai stellt Ihnen seine Gattin vor.“
„Oh! Hallo!“, sagte Didi mit warmer Stimme. „Was heißt bitte Hallo auf Chinesisch, Elias?“
War sie enttäuscht jetzt? Aber wieso denn? Es passte doch alles zusammen: Ein chinesischer Bauer. Natürlich war er verheiratet.
Die Frau lächelte schüchtern. Das Rot auf ihren flachen Wangen war so intensiv, als wäre es ihr aus dem Tuschkasten in zwei Kreisen aufgemalt worden. Plötzlich ergab alles hier einen sehr banalen Sinn: die schmucklosen Räume, der Geruch nach Mottenkugeln, sogar das Schwein. Sie spürte, wie etwas Giftiges in ihr zu brennen begann.
Ein Telefon läutete. Lai sprach mit jemandem, nickte, „dui, dui, dui“, sagte er.
Die Frau brachte Reis, Suppe und Essigfrüchte.
Ihr Gepäck ließen sie in Lais Haus zurück. Zu fünft hatten sie Lais Haus betreten, zu sechst verließen sie es: die drei Reisenden, ihre beiden Wanderführer und die chinesische Bäuerin, Lais Frau. Jeder von ihnen trug einen Rucksack. Gleich hinter Lais Haus führte ein schmaler Trampelpfad vorbei an Obstgärten, an Feldern mit Auberginen und Mais. Sie passierten einzelne Gehöften, vor einem standen nebeneinander angebunden ein Esel und ein deutscher Schäferhund. Der Esel schaute ihnen gleichmütig hinterher, während der Hund sich in irren Zorn hinein kläffte, an seiner Leine im Kreis sprang, bis er sich fast überschlug. Dann erstreckten sich ineinander fließende Ebenen vor ihnen, Kiefern mit horizontal ausgebreiteten Armen, fette, wächserne Magnolienblüten und zwischen all dem wogenden Grün winzige weiße Blüten. Immer wieder neu tauchten sie auf, tüpfelten das Bild, ein ausgelassener, flirrender Pointillismus.
Mit jedem Schritt wuchs die Unruhe in ihr und der Groll. Sie verstand nicht, warum diese Frau mit ihnen ging. Auch sie trug einen Rucksack, sie stapfte dicht neben Lai. Das war ihr gutes Recht natürlich. Dennoch fühlte Didi sich betrogen. Was wollte die hier? Mit ihnen hinauf auf diesen Aussichtsturm?
Sie hielten vor der Ruine eines Turms.
Elias übersetzte: „Herr Lai sagt, von solchen Türmen wurden früher Warnsignale wegen der Mongolen gegeben. Mit schwarzem Rauch, den man …“ – er sprach kurz mit Lai, nickte – „mit Wolfsscheiße hergestellt hat. Man hat Wolfsscheiße verbrannt.“
Woher will er das eigentlich wissen, dachte sie. Er ist ein Bauer. Das Gefühl betrogen worden zu sein, brannte in ihr. You never can trust them!
„Wieviel verdient Herr Lai?“, fragte Theo.
„Für so eine Tour ungefähr zweihundertfünfzig Yuan“, sagte Elias nach kurzem chinesischem Hin und Her. „Vor dieser Arbeit hat er ein paar alte Wehrtürme restauriert. Er hatte die originalen Baupläne, er und seine Leute haben die Steine dafür auf die Mauer geschleppt.“
„Ah“, sagte Lai in die kleine Pause, die entstanden war. Er legte eine Hand auf den bröckeligen Stein und sprach leise auf Chinesisch.
Sie wollte Elias fragen, wie man als chinesischer Bauer an Originalpläne der Großen Mauer kommt, aber da übersetzte der Bulgare schon wieder: „Als sie fertig waren, hat der Staat den Mauerabschnitt an die Stadt Chengde verpachtet.“
Während Elias sprach, blickte Lai zu Boden, seine braunen Finger tasteten den Stein ab. Es sah aus, als würde ein Tier einen ruhenden Kameraden beschnüffeln.
Theo räusperte sich. „Elias, sag ihm, es bleiben trotzdem seine Türme.“
Elias übersetzte, Lai lauschte mit schief geneigtem Kopf, äugte von einem zum anderen. Dann löste sich seine vorsichtige Miene, er lächelte wieder. „Okay, okay, okay, okay.“
Und das quälte sie mehr als alles andere.
Elias schien einen Vortrag zu halten, während sie gingen. „Ming-Kaiser“, hörte sie, „… Mörtel aus Klebreis … gebrannter Kalk.“ Er trug wieder sein hellblaues Flatterhäubchen. Es umrahmte sein rundes Gesicht wie ein Schutenhut. „Viele hunderttausend Tote“, sagte er.
„Und die liegen hier alle unter den Mauersteinen?“, fragte Alicia.
Auf dem Hügel neben ihnen trabte als ferne Silhouette eine Reihe von Menschen bergauf. Sie schienen Lasten zu schleppen. Mit einem kurzen, verlegenen Winken löste sich Lais Frau plötzlich aus ihrer Gruppe und schlug einen anderen Weg ein.
Didi starrte ihr hinterher. Die Frau ging einen strammen Schritt, einmal griff sie hinter sich, um ihren Rucksack besser zu positionieren, ein Stück Stoff rutschte aus einer Seitentasche hervor und flatterte rot leuchtend neben ihrem Hintern. Die Frau bemerkte es, fasste mit der Hand danach, zog den ganzen, langen Schal heraus, zerknüllte ihn mit einer Hand und stopfte ihn sich, während sie weiter ging, in die Hosentasche. Didi sah das und begriff: Die Leute dort auf dem Hügel waren jene unsäglichen Verkäufer, die auf Touristen auf der Großen Mauer lauerten („Buy-a postcaad! Buy-a silk-a shawl-a“, T-Shirt-a!“) und Lais Frau war eine von ihnen.
Deshalb also hatte er sie in sein Haus zu seiner Frau geschleppt – nur damit sie sich später verpflichtet fühlten und ihr später etwas von ihrem Flitterkram versilberten! Ihre Empörung wuchs und wuchs.
Didi beschleunigte ihren Schritt. Sie wollte neben Alicia gehen. Alicia hatte das zu lösen. Alicia kannte doch alle Härten des Lebens. „Hör mal!“, sagte sie keuchend, der Weg wurde schon steiler, „findest du nicht, dass das hier zu weit geht?“
„Was genau meinst du?“, fragte Alicia. „Die betrügen uns!“
„Wer betrügt hier wen?“
„Ich finde, du … ich meine, wir sollten uns beschweren. Hast du das denn nicht mitbekommen? Diese Frau …“
„Beschweren?“
„Wozu wohl hat man uns heute auf diesen Bauernhof gebracht? Unser Gepäck haben wir doch schon im Guesthouse geparkt. Da hätten wir das Wasser genauso gut auch dort tanken können. Aber nein …“ Sie begann zu keuchen, die hohen, steifen Gräser, durch die sie schritten, kitzelten und stachen sie in Unterschenkel und Kniekehlen, sie entdeckte einen großen, schwarzen Käfer auf ihrer Schulter und schlug hastig und wild danach. „Wir hatten einen Guide bestellt. Was bekommen wir? Zwei – wie tauchen die wohl auf der Abrechnung auf? Jetzt dieses Farmhaus – woher weißt du, dass sie uns nicht da noch eine Übernachtung dazu berechnen? Sie schneiden überall Geld! Hast du damit gerechnet, dass wir für jeden Schritt nach draußen hier noch mal extra Eintritt bezahlen müssen?“ Ihr Gesicht flammte. Mit jedem Wort, das sie sprach, loderte die Wut höher. Nein, sie wollte sich nichts mehr gefallen lassen. Viel zu lange schon hatte sie immer wieder genickt, begütigt, gelächelt, damit war es jetzt vorbei!
„Und was gedenkst du zu tun?“ Alicia blieb abrupt stehen und wandte ihr das Gesicht zu. Der Schweiß glitzerte darauf und färbte ihre Sommersprossen dunkel.
„Ich? Du! … Oder … wir! Wir beschweren uns.“
„Bei wem?“ Mit der flachen Hand wies Alicia in das Panorama um sie, das Berge umfasste, Bäume, Gräser.
„Wir schicken diesen Nepper nach Hause.“
„Lai??“
„Wir geben ihm seine – was hat Elias gesagt: zweihundertfünfzig Yuan? – Und schicken ihn nach Hause, bevor uns hier noch mehr Überraschungen serviert werden.“ Kaum hatte sie es ausgesprochen, als sich ihr Herzschlag beruhigte.
„Lai ist kein Nepper“, sagte Alicia.
Was sollte sie darauf antworten? Sie hatte alles gesagt, sie atmete ganz gleichmäßig.
Elias, Lai und Theo hatten aufgeholt. „… geglaubt, man kann die Mauer vom Mond aus sehen“, sagte Elias, „aber …“
„Na?“, fragte Theo. „Schon müde?“
„… aber das stimmt nicht“, vollendete Elias seine Erläuterung.
„Elias, können Sie bitte Ihrem Kollegen etwas übersetzen?“, begann sie. Sie freute sich. Gleich käme der Schlag, das Ende, die Erlösung.
„Didi, du bist verrückt!“, fuhr Alicia sie an.
Sie beachtete sie nicht. „Wir möchten gerne auf Herrn Lais weitere Dienste verzichten. Vielen Dank für alles. Hier …“ – sie kramte in ihrem Brustbeutel – „… hier ist sein Geld und damit kann er jetzt bitte gehen.“
„Aber was …?“, begann Elias.
Alicia fiel ihm ins Wort: „Didi, reiß dich zusammen! Wir sind hier irgendwo in der Wildnis, keiner von uns kennt …“
„Wir haben Elias!“ Sie wollten sie alle nicht verstehen. Didi schloss die Faust fest um die drei Geldscheine. Sie öffnete sie, machte einen Schritt auf Lai zu und drückte ihm die Scheine in die Hand. „So! Jetzt ist es aber klar, ja? Good bye! Au revoir! Zaijian!“
Lai sah sie aus staunenden Augen an.
Elias sagte etwas auf Chinesisch.
„Ah“, sagte Lai, er senkte den Kopf, hob ihn wieder, dann drehte er auf dem Absatz um und ging mit schnellen Schritten den Weg zurück.
„Er geht!“, rief Alicia. Auch sie griff nach ihrem Brustbeutel. Sie lief hinter Lai her, holte ihn ein. Keiner der beiden blieb stehen, sie gingen weiter, Alicia halb hinter dem Chinesen, sie sprach wohl mit ihm, gestikulierte. Dann kehrte sie zu ihnen zurück. Sah Theo an, Elias und schüttelte den Kopf.
„Gehen wir weiter?“, fragte Elias schließlich.
„Deshalb sind wir ja hier“, antwortete Didi. Dieses Gefühl war unbeschreiblich köstlich. Sie ging weiter den Pfad hinauf, schritt aus. Ein heller Schmetterling taumelte vor ihr her. Nach der nächsten Biegung zeigten sich in dem wolligen Grün der Hügellandschaft einzelne Stellen aus Geröll oder nacktem Stein. Darüber schwang sich graues Gebirgsmassiv.
Oben, auf dem gezackten Bergkamm kroch die Mauer dahin wie ein langes, rötliches Reptil.

Harald Kappel: Wandertag

Al Vizz hockt mit ausdruckslosem Gesicht am Rande der Objekte, als Pinker Uhu später zurückkommt. Das Halbblut atmet noch schwer: „Ich schaffe es nicht mehr, ich schlüpfte aus dem Schatten der Gravitationen, aber konnte ihr nicht mehr den Weg abschneiden…wer hätte schon gedacht, dass sie uns folgen würde, um unsere Pferde zu stehlen?“
Dann versucht er sich im Denken. Süße Schreie dringen in sein Gedächtnis, dort heizen sie sich auf bis zur Rotverschiebung. Nichts von alledem ist Freiheit.
Scheisse! Verdammte Scheisse!
Al Vizz verzieht keine Miene: „Das wird sie noch bedauern. Doch nun müssen wir zu Fuß zurück in die Stadt. Ich lasse dich allein laufen. Wann kannst du mit einem Pferd für mich zurück sein?“ Aber Pinker Uhu schüttelt den Kopf.
„Nein, King“, sagt er. „Er ist angeschossen. Liegt im Graben und betet zum Vater. Voller Gerüche! Der wird damit rechnen, dass wir uns neue Pferde besorgen, und uns ausruhen, denn er kann nicht mehr lange im Sattel bleiben. Sie wird ihn bewachen. Immun gegen Irrtum bleiben. So wird das sein. Ich hole ihn mir. Das Nichts von Alledem ist Plan. Ich kann länger zu Fuß laufen, als er im Sattel bleiben kann. Für ihn ist es ein Driften im Whiteout. Sie können hier warten, King. Ich hole ihn mir. Dann komme ich mit vier Pferden zurück. Mit vier Pferden, King. Bleiben Sie immun, King. Bleiben sie jetzt immun!“
Al Vizz starrt ihn an.
Er ist wütend auf Pinker Uhu, denn er gibt ihm die Schuld, dass sie ihre Pferde verloren haben. Doch nun kann Pinker Uhu alles wieder gutmachen.
Zwar hätte Al Vizz Jesus Bohne gern selbst getötet. Keine Gnade im Schwerefeld! Als passende Antwort wäre außerdem hilfreich, ihm eins oder zwei in die Fresse zu hauen. Doch dazu hätte er mit Pinker Uhu einige Meilen laufen müssen.
Nein, da will er lieber warten und ihm alternativ für WesternDeutschland drei in die Fresse hauen.
Und so nickt er Pinky zu. Seine Kommunikation ist auf dem linken Ohr blind.
„Ja, geh ihm nach und töte ihn, Pinky“.

Es fällt Jesus Bohne nach zwei Meilen schwer, sich noch im Sattel zu halten. Er hat ja eigentlich fünf Wunden, wenn man die Bauchwunde unter dem Rippenbogen zu den Malen an den Händen und Füßen dazuzählt , und es ist ein Wunder, dass er überhaupt noch unterwegs ist.
Nach drei Meilen will er absitzen. Doch sie finden keinen guten Platz, von dem aus sie jeden Verfolger sehen können. Erst nach fast einer weiteren Meile erreichen sie einen bewaldeten Hügel und halten im Schatten der Bäume. Jesus Bohne gleitet stöhnend vom Pferd und legt sich ins Gras. Das tut total gut und er fällt in einen ohnmächtigen Schlaf. Denn er ist restlos erledigt.
MaryMagdaLena aber hebt den Blick zum Himmel und flüstert leise: Oh Vater im Himmel, ich danke dir, dass ich jetzt bei ihm sein kann.

Pinker Uhu trabt auf der Fährte wie ein Apache, und Apachen können hundert Meilen laufen ohne eine längere Rast einzulegen. Abends sitzen sie auf rostigem Federkern und verschlissener Kindheit.
Nach weniger als drei Meilen wird er vorsichtiger. Nun bleibt er nicht mehr auf der Fährte, sondern hält sich abseits von ihr.
Eine Fliege döst halbnackt auf einem Baum und stöhnt.
Am Rande der Ebene erhebt sich ein bewaldeter Hügel. Über dem Hügel kreisen Vögel, die sich auf Bäumen niederlassen. Dort zerhackt der Vogel Selbdritt halbnackt die letzte Stille. Pinky sieht auch einige Antilopen zum Hügel hinabziehen, dann aber ganz plötzlich in der Krümmung der Raumzeit abbiegen. Das ist ein Einstein‘sches Zeichen. Es gibt auch noch andere Zeichen, die ihm verraten, dass dort auf dem bewaldeten Hügel jemand ist. Halbnackt, öffnet sich dort nichts. Gar nichts.
Er federt den Vogel. Der schreit. Die letzte Stille.
Und so weiß er Bescheid. Denn ein angeschossener Mann kann nicht länger im Sattel bleiben.

Als es schon fast Abend ist, schnauben die Pferde. MaryMagdaLena, welche die letzten drei Stunden aufmerksam nach Westen spähte, zuckt zusammen.
Wie lebt man sich?
Ihr Verstand sagt ihr, dass die Pferde wahrscheinlich wegen irgendeines Tieres schnaubten, aber sie hat plötzlich ein ungutes Gefühl. Und besonders Pinker Uhus Schimmel schnaubt immer wieder und wirkt sehr unruhig.
Wittert das Tier seinen Herrn? Der ist nur Sand in einem Spiegel, nur Sand.
Ein Werk der Pfählung, eine Parade der Lippen.
Sie fragt es sich mit plötzlichem Schrecken. Blutjung ist der Schrecken. Blutjung.
Doch sie bleibt in der kalten Wanne sitzen, im kalten Stahl, und nimmt nur ihren Hut ab, wartet auf den Pathologen und verbirgt in der ihr zugewandten offenen Hutkrone ihre Hand mit dem kleinen Colt und eine Bibel darin. Sie ist nur eine Variante von Aas.
Bewegungslos hockt sie neben dem scheinbar noch tiefschlafenden Jesus Bohne und wartet. Das Aas.
Die Dämmerung ist hier oben unter den Bäumen schon intensiver als draußen auf der kleinen Ebene. Sie kaut auf ihrer Zunge, ein Leben lang schon, und macht ihr Bauchfell traurig.
Über den Hügeln im Osten geht das Rot der sterbenden Sonne bereits in violett über.
Traurig, am letzten Halt. Wie lebt man sich?
Aus dem Schatten der Bäume schält sich nun eine gebückt vorwärts gleitende Gestalt. Es ist Pinker Uhu. MaryMagdaLena erkennt ihn sofort.
Pinky hat sein Gewehr im Hüftanschlag. So kommt er näher und näher. Etwa ein halbes Dutzend Schritte vor MaryMagdaLena und dem scheinbar schlafenden Jesus Bohne bleibt er stehen. Lässig.
Trotz sternenklarer Nacht spiegeln sich die Gletscher in den Colt-Trommeln mit minimaler Leuchtdichte.
„Da seid ihr ja. Uns einfach die Pferde zu stehlen. Ja, das hast du gut gemacht. Was ist mit ihm? Der liegt ja da wie tot. Ich dachte, er wäre unsterblich? Hahaha!!! Staut sich seine Leber wegen Pfortaderhochdrucks, häh??“
„Vielleicht stirbt er trotzdem“, erwidert MaryMagdaLena. „Vielleicht. Lass ihn nur ruhig liegen. Der kann Al Vizz nichts mehr tun. Konkret! Nimm eure Pferde und hau ab. Zieh die Vorhänge in deinem Kopf zu und lass dir in Ruhe die Wimpern straffen. Sei kokett!“
„Aber was denkst du“, sagt Pinky und grinst. „Ich bin Al Vizz’s Gotteskrieger. Und ich bringe meine Fleischbeute zu ihm. Er wird sich darüber freuen und mir eine gute Prämie zahlen. Eine neue App auf meinen Coltgriff tätowieren. Unantastbar geloadet. Ich werde Jesus quer über seinem Pferd zu Al schaffen. In seine goldene Vitrine. Du aber solltest dich gut mit mir stellen, dann lass ich dich vielleicht laufen, Süße. Ich wollte schon immer eine wie dich haben. Als Al dich bei sich auf der Ranch hatte, da kämpften Models dort mit Schürzen und Spiegeln, charmant… aber ich war nur scharf auf dich, Süße…“. Er kommt nicht weiter. Was er auch sagen wollte, er kann es nicht mehr. Worte wie diese, Worte wie jene. Denn sie schießt durch den Hut, durch die Judasbriefe und trifft ihn gut-einmal, zweimal, dreimal. Die Kugeln stoßen ihn zurück. Er drückt sein Gewehr ab, dass er immer noch im Hüftanschlag hielt, doch seine Kugeln bleiben in der Genesis stecken.
Getroffen taumelt er zurück, schwankt, brüllt dann wild und geht zu Boden. Noch einmal möchte er hochkommen. Doch er versucht es vergebens. Dann erschlafft alles in ihm. MaryMagdaKena hört sein Ausatmen.
Er ist tot, denkt sie. Nicht schuldig denkt sie, ich bin nicht schuldig und spuckt. Lässig, lässig! Und sie fragt sich im selben Augenblick, wo Al Vizz wohl ist? Kam er mit Pinker Uhu? Wird er im nächsten Moment schon von irgendwo her schießen?
Beginnt eine lebenslange Hysterie? Lebenslang?
Doch nichts rührt sich. Das Echo der Schüsse verhalte in der Ferne. Und das Gekreische der Vögel im Wald verklang. Im Kinderbuch werden intrauterine Märchen gelesen. Über dem Saloon. In der kleinen Stadt. Es ist sehr still.
Sie hört Jesus’s Erwachen, denn sein tiefes Atmen verändert sich.
Dann klingt seine heisere Stimme, wie am Telefon: „Was ist? Waren das Schüsse? Bist du bei mir, Mary? Oder träumte ich das nur?“
„Ich bin bei dir“, erwidert sie. „Und soeben habe ich Pinker Uhu getötet. Ich weiß aber nicht, ob er allein kam“.
Er erhebt sich schwankend und wischt mit einer Hand über sein Gesicht. Eine Weile verharrt er und denkt nach. Die Blätter haben symmetrische Abdrücke von Blättern auf seinem Gesicht hinterlassen. Lebenslang.
Dann hört sie ihn sagen: „Nein, er hat Pinker Uhu geschickt, um uns die Pferde wieder abzunehmen. Der wartet irgendwo auf sein Pferd. Aber wenn es Tag ist, werde ich ihn suchen. Mir geht es jetzt schon viel besser.“
Sie möchte ihm die letzten Worte gern glauben, doch als sie zu ihm tritt und ihm die Stirn fühlt, merkt sie das Fieber. Es wachsen ihm selbstunähnlich Flügel aus Chitin und Pathologien im Schädel.
„Leg dich wieder hin“, verlangt sie. „Die Nacht bricht erst an. Und sie wird noch viele Stunden dauern. Ruhe Dich aus und häute dich rechtzeitig“.
Sie trägt eine bedauerliche Hysterie in ihrem tüchtigen Ich. Lebenslang.

Die Nacht wird auch für Al Vizz lebenslang. Er hockt die meiste Zeit auf einem großen Stein, aber als es dann kühler wird, beginnt er hin und her zu wandern
Pinker Uhu kommt nicht zurück, obwohl Stunde um Stunde vergeht.
Er beginnt seine eigenen Mandeln zu essen.
Das hatte er schon lange vorgehabt.
Als der Morgen graut, da glaubt Al Vizz, dass Pinker Uhu nicht mehr mit den Pferden zurückkommen wird. Wahrscheinlich wird er damit rechnen müssen, dass dieser Jesus Bohne kommt, um ihn zu töten.
Soll er die Flucht ergreifen, möglichst schnell nach Nutellamy zu gelangen versuchen?
Oder Briefe des Paulus aus der Amygdala schreiben?
In etwa drei Stunden könnte er dort sein,wenn er diese beschissenen Briefe vergisst.
Er stellt sich vor, wie es wohl wäre, wenn er dort staubig und schwitzend in seinen Cowboystiefeln ankommen würde.
Das wäre wie Schneefall auf der Moräne und dunkles Öl würde seinen silbernen Colt verdecken.
Es wäre sein Untergang. Es müsste den Leuten vorkommen, als wäre ein Denkmal vom Sockel gefallen.
Also muss er bleiben und auf Jesus warten.
Sein Blutschwamm würde zerbersten und sein Temporallappen autistisch. Scheisse, Scheisse.
Nein, er kann als stolzer King nicht geschlagen zurückkehren und sich in den Schutz seiner Männer begeben.
Als die ersten Sonnenstrahlen im Osten über die Heiligen Hügel blitzen, da sieht er sie kommen:
Jesus Bohne und MaryMagdaLena Magdala.
Er denkt…jetzt will sie mich sterben sehen, und es wird ihr eine Entschädigung sein für das, was ich ihr antat. Jetzt will sie triumphieren.
Doch dann tritt er vor, so dass ihn die beiden Reiter sehen können, und rückt seinen Revolver zurecht.
Jesus Bohne hält an, rutscht aus dem Sattel, und als er sich vom Pferd wegdreht, da ist in Al Vizz ein wenig Hoffnung. Denn er sieht, wie sehr Jesus hinkt und wie sein Revolverarm kraftlos in einer Schlinge quer vor der Brust liegt.
Das Hämatom im seinem Kopf eine Gnade.
Jesus hat Kot im Hosenbund stecken und seinen Colt, weil sein Holster für die andere Seite nicht geeignet ist und er ein Bett im Mohnfeld zum Erleichtern sucht.
Hinkend und stinkend kommt Jesus näher. Sie reden kein Wort miteinander, sondern beginnen gleichzeitig zu schießen, indes Jesus immer noch Schritt für Schritt näher kommt.
Aber Al Vizz schießt zweimal daneben. Denn die Entfernung ist noch sehr weit. Und Jesus wirkt wie ein auferstandener Geist in der Quantenwelt.
Im Radio haben sie gesagt, Jesus ist mit der anderen Hand nicht so gut. Auch er verfehlt Al zweimal. Doch seine dritte Kugel trifft den King ins Herz.
Er hält inne und atmet langsam aus.
Dann wendet er sich um, denn MaryMagdaLena bringt ihm das Pferd.
Die Krone der Schöpfung. Eine saure Lake aus Stammhirn und Hefepilzen.
Der Introitus schwarz von dunklen Ausscheidungen, am Gesäß rectaler Schleim, der beim Reiten stört.
Als Jesus im Sattel sitzt, fragt sie: „Und nun?“.
„Abmarsch, keine Gnade“, sagt er. Es wird alles anders werden.
Er mischt Mohn, schreibt getröstet im Galopp wortfreie Verse, kratzt eine Melodie in die Schellackplatte.
Beizt die Haut der Pferde, seine Nahrung, und horcht der Melodie des Westens.
Wieder und wieder und wieder und wieder und ….
ENDE

Carsten Stephan: November

Gelbgrün schwärt an graue Ufer Tang,
Kalte Regen sprühen in das Meer.
Möwen müde kreischend um sich her
Bringen Fischer ein den letzten Fang.

Mit dem Wind erstirbt der Männer Sang,
Ihre Schritte sind landeinwärts schwer.
Dann ist wieder alles menschenleer,
Nebel äsen fern am Kiefernhang.

Und den Wandrer fasst ein Schauder an,
Seine Glieder sind schon lang ertaubt,
In die Züge gräbt sich Elegie.

Treibholz schlägt ihm jählings an den Spann,
Kormorane stürzen auf sein Haupt,
Im Gerölle sinkt er in die Knie.