Carsten Stephan: November

Gelbgrün schwärt an graue Ufer Tang,
Kalte Regen sprühen in das Meer.
Möwen müde kreischend um sich her
Bringen Fischer ein den letzten Fang.

Mit dem Wind erstirbt der Männer Sang,
Ihre Schritte sind landeinwärts schwer.
Dann ist wieder alles menschenleer,
Nebel äsen fern am Kiefernhang.

Und den Wandrer fasst ein Schauder an,
Seine Glieder sind schon lang ertaubt,
In die Züge gräbt sich Elegie.

Treibholz schlägt ihm jählings an den Spann,
Kormorane stürzen auf sein Haupt,
Im Gerölle sinkt er in die Knie.

Miriam Gil: Das Monster Zeit

Das größte Monster unserer Zeit ist die Vergänglichkeit – man sieht die Menschen um sich herum älter werden.
Diejenigen, die für einen einst immer stark fangen an schwach zu werden.
Um sich selbst sorgt man sich noch am wenigsten
Denn man hat ja Zeit.
Es wird nie genug Zeit geben mit denen deren Zeit schwindet.
Menschliche Beziehungen sind
Erstmal
Etwas Unendliches.
Der menschliche Geist ist nicht auf Abschied programmiert.
Noch nicht.
Und in manchen ganz innigen Fällen
Nie.
Die Zeit heilt keine Wunden.
Gesichter verschwimmen
Gerüche verblassen.
Die Wunden sie heilen nicht.
Wie kann ein Universum sterben
Und eine Welt bleibt.
Das Monster Zeit.
Es ist das Unvorstellbare
Und doch ist es nahe.

Theobald Fuchs: Schwimmende Erinnerung

1, ein Tag im Sommer, die beiden Grazien – wie hießen sie nochmal? Ilka und Ingrid, Anja und Anette, Sabine und Sonja? -, zwei ganz unterschiedliche, frische Jungmädchen in schwarzen, nass glänzenden Badeanzügen, die eine noch flach wie ein Junge, die andere schon mit wogendem blonden Walkürebusen. So paddelten sie am Beckenrand, schauten hoch zu den horny boys, wohl wissend, dass sie Lichtjahre voraus waren in jedem Aspekt der Geschlechtlichkeit. Wie weiß doch ihre Haut war, damals, dass man meinen möchte, es habe in jenen Sommern die Sonne nie geschienen. Als wäre schon damals der Himmel über den nackten Leibern und den saftigen grünen Wiesen verdunkelt gewesen von den atomaren Wolken, deren Eintreffen wir tagtäglich aus dem Osten erwarteten, wo das Reich des Bösen unser Leben bedrohte. Als wären unsere Alpträume von der nuklearen Apokalypse nur Erinnerungen gewesen und wir hätten uns arrangiert mit allem, dem Tod, der Traurigkeit, den vergeblichen Mühen, indem wir uns außerhalb des Schwimmbades in schwarze Klamotten hüllten und uns heftig betranken so oft wir alle zusammen und ein jedes für sich einsam waren. Tanzend betranken, nie ohne die Bierflasche in der rechten Hand, mit der linken die Gitarren in den Lautsprechern dirigierend, ein Bein nach vorne, eines fest im Springerstiefel am Boden, so tanzten wir, vor und zurück, vor und zurück, jeder für sich. Und am folgenden lichtlosen Tag wieder die Begegnungen unter der nicht existierenden Sonne, am Schwimmerbecken, und auch unsere Badeklamotten waren schwarz, traumschwarze Hosen, Bikinis, Badeanzüge. Schlappen besaß noch niemand, nur die Handtücher – jeder ein anderes, ein persönliches Exemplar, und es gab keinen traurigeren Anblick als die auf die Wiese unregelmäßig hingeworfenen bunten Streifen Frottee, nichts zeigte mehr unsere absolute Hoffnungslosigkeit.

2, der Stern unseres Lebens war in rot auf eine Rakete gemalt, die vor Sonnenaufgang aus der unendlich-unerforschlichen Gegend heranflog, welche irgendwo hinter der Oberpfalz lag. Da wo sich die Amerikaner regelmäßig tage- oder wochenlang mit ihren Panzern und Kanonen austobten. Unser einziges Ziel war, die Sache so schnell wie möglich hinter uns zu bekommen. Endzeitschauder, nukleare Holocaust-Sehnsucht, Verliebtheitsmassensterben, Atomblitzlust, letzte Liebe im Hitzehagel. Ab ins Bad mit der Dauerkarte für die frischen Hormone. Wozu noch abwarten, dachten wir, wir fühlten uns doch eh schon so durchsichtig, als stünden wir in einer Strahlung, die uns an die Wand des Sanitärkomplexes projizierte. Der helle Tag hatte nicht die geringste Chance, das Dunkel aus unseren Köpfen zu vertreiben, aber unsere Herzen glühten, so wie das Wasser, die Luft, das Gras, die Vögel. Nichts ist trauriger als jung zu sein und schöner zugleich.

3, kalte, feuchte Haut, der Geruch nach Chlor, die feinen, beinahe durchsichtigen Härchen auf dem Unterarm, die sich aufstellten, wenn der Wind einen kriegskalten Gruß aus dem Osten schickte. Doch wie war es umgekehrt? Wie dachten sie, die da im Wasser plantschten und die wir anhimmelten, ohne es zu zeigen, wodurch wir uns natürlich noch viel mehr offenbarten, denn unsere vorgespielte Selbstsicherheit und unsere aus dem Fernsehen übernommene Arroganz waren so leicht durchschaubar wie das blassblaue Wasser, durch das sich Linien und Kanten schlängelten, wenn die Schimmer heftig aus roten Mündern prustend ihre Bahnen zogen? Vielleicht war es ganz anders und umgekehrt, und wir waren die letzte Hoffnung der Jungmädchen? Was natürlich fast ebenso traurig gewesen wäre wie überhaupt keine Hoffnung zu haben. Ohne Zweifel: jeder von uns hätte es am Ende dann doch sein können, der Gefährte, die starke Schulter, der verlässliche Partner – wenn uns nur jemand einmal verraten hätte, dass auch wir dazu in der Lage waren, tatsächlich. Was wie Selbstliebe daherkam und mit durchgedrücktem Rücken unendlich lässig am Beckenrand schlenderte oder sich gegenseitig begleitet vom unvermeidbaren stimmbrüchigen Kreischen zwischen die fluchenden Schwimmer ins Wasser schubste, war alles andere als das. Wir waren freilich nur mit uns selbst beschäftigt, hatten nicht die geringste Idee, wie man sich in die Träume von Jungmädchen hineinverliebt, selbst wenn wir es gewollt hätten, um zur richtigen Zeit die richtigen Worte zu sprechen. Oder die falschen unausgesprochen wieder hinunter zu schlucken, ein Mund voll Chlorwasser schmeckte widerlicher.

4, wir waren unfähig, das Gegenüber zu erkennen, aber das lag an der unbeschreiblichen Überlastung, die es bedeutete, hier und jetzt in dieser Gestalt unter dieser Sonne an diesem Becken bei diesen Jungmädchen in diesen schwarzen Badeanzügen mit diesen gelben Locken und jenen geschmeidigen Fingern zu stehen, mit denen ein paar elegante Tropfen Chlorwasser am Hals und im Nacken verrieben wurden, so dass die buschigen Haare in der Achselhöhle einen Blick nach draußen warfen und auf einen selbst deuteten. Es war nicht haargenau so, dass wir sie enttäuschten, und sie uns, aber nahe daran kam dieses Gefühl schon, das wir erst Jahre und Jahrzehnte später in uns entdeckten, wie eine hinter dem Sofa verlorene staubige Salzstange, das Relikt einer Geburtstagsparty vor 1000 Leben. Wie komisch: wir spürten nicht die Zeit, die verlief, keiner von uns könnte sagen, wie lange damals ein Sommer dauerte – drei Monaten, fünfzehn Monate, fünf Jahre, eine ganze Schulzeit lang –, wie viele Sommer an sich es waren, wie viele Stunden, Tage, Wochen wir am Beckenrand standen und mit den Jungmädchen Blicke tauschten, weil nichts, worüber wir sprechen wollten, sich in Worte fassen ließ, und abgelenkt von der eigenen Ungelenkigkeit flutschten uns die Gefühle aus den Händen wie Fische, die dem Fänger entwischen und wieder eintauchen in das Wasser ohne Tiefe, in dem alles versinkt, die jungen Sommer, die nassen straffen Körper, kühl und fest, unsere lächerlichen Tänze und Handtücher, die Zeit der vergessenen Hoffnung. Und wer weiß, vielleicht ist der letzte Schmerz, den wir empfinden werden, die Trauer darüber, dass am Ende die Welt doch nicht unterging. Wie schön wäre es doch gewesen, jung und kraftvoll und in schwarzen Klamotten in den Tod zu tanzen.

Miriam Gil: Das Monster und der Froschkönig

Am Wasser fühl ich mich wohl und frei und geborgen.
An Seen und Flüssen will ich sein.
Dort fühl ich mich wohl und sorgenfrei.

Naja was heißt schon ganz ohne Sorgen?!

An Brunnen bleib ich gerne stehen und betrachte die schimmernden Cent Stücke, welche Passanten in Hoffnung auf das große Glück im Wasser versenkten.

Ich mag es, wenn Wasserfälle platschen – in Matschpfützen und Regenwasser mit meinen Gummischuhen auf dem Weg zum Briefkasten patschen

Auch Tiere und Pflanzen am Wasser liebe ich sehr
Trauerweiden sind meine Lieblingsbäume sie streicheln mich mit ihren Ästen behutsam
Sitze ich an ihren Füßen und hab es gerade ganz unfassbar schwer.

Frösche quaken und Mücken schwirren
Wie kann man sich in solch einer Umgebung schon richtig irren?
Das Wasser ist klar
Gedanken sind es auch

Ebenso wird die Welt unter Wasser ganz anders wahr:
Sirenen und Piraten
Fische bunt – groß – die sonderbarsten und schönsten verschiedenen Arten!

Doch quälen mich Monster und gar Dämonen
Will es erzählen und Niemand verschonen.
Erblick ich einen Abgrund er zieht mich an
Seh ich tiefes Wasser will ich reinspringen obwohl ich doch gar nicht gut schwimmen kann.

Will oft in meinem schwarzen Schatten verschwimmen der sich beim Schwimmen ganz unter mir auftut

Es gibt Piranhas in Seen also seid auf der Hut.

Das Monster bin ich und ja das ist ganz klar
Der Froschkönig spielt unten am Seegrund die Mundharmonika
Aus Langeweile und Trott spielt er immer das selbe traurige Lied

Die Muscheln sie speien Perlen und singen dazu folgendes Lied:

„All of your demons will wither away
Ecstasy comes and they cannot stay
You′ll understand when you come my way
Coz all of my demons have withered away

All of your demons will wither away
Ecstasy comes and they cannot stay
You’ll understand when you come my way
Coz all of my demons have withered away
All of my demons have withered away“

Ihr Dämonen verschwindet ich mag euch nicht mehr

Ich bin und bleibe stärker – ich bin euer Herr.

Liedtext Ausschnitt Fatboy Slim „Demons“ (ft. Macy Gray)

Jörg Hilse: Werwolf

Es hauste ein Werwolf
im Stadtwald bei Nied.
den drückte der Weltschmerz
ganz schwer aufs Gemüt.
Laut Heulen bei Mondschein wurd ihm zur Qual
Sein Rudelchef meinte
er wär nicht mehr normal .
Und Hausarzt Dr. Wolfssohn
sprach, Ab ins Spital.

Drin lernte der Werwolf
um zu genesen,
Statt immer Netflix zu glotzen
viel mehr zu lesen.
Und er entdeckte, man weiß nicht mehr wie,
Heinz Erhardts Gedichte als Lachtherapie.
Die Wirkung der Verse war kaum zu fassen.
Schnell wurde der Werwolf wieder entlassen.

Das Rudel staunte, Du bist ja fröhlich wie nie.
Wie hieß denn die Wundertherapie?
Und unser Werwolf grinste ganz breit.
Das war kein Wunder, bloß Achtsamkeit.

Carsten Stephan: Eichendorff auf Abwegen

Wenn Blüten stille träumen
Im sanften Mondenschein,
Kann ich nicht länger säumen,
Ich wetz das Messerlein.

Im Lenze muss ich reisen
Wohl jede Nacht aufs Neu.
Manch Lieb lauscht meinen Weisen,
Noch jede blieb mir treu.

Des Tages Sorgen schwinden,
Von Nachtigallen schallt’s.
Beglückt schneid ich in Rinden
Und in den zarten Hals.

Durch sternbeglänzte Auen
Zum steilen Fels hinan!
Von drunten Äuglein schauen
Mich endlich selig an.

Wird sich Aurora heben,
Summt goldengrün es just.
So pflanzt der Frühling Leben
In jede müde Brust.

Philip Krömer: Gute Zeiten für Baba Jaga


Freitagabend, wenn andere noch im Berufsverkehr feststecken, stapft ihr Haus, unbehelligt von Ampeln und Staus, querfeldein bergan. Auf meterhohen Hühnerbeinen ist es unterwegs. Baba Jaga, die Hexe, wohnt hinten im Meilwald, weil die Bäume da so schön hoch wachsen, dass der Giebel ihres Hauses nie über die Wipfel spitzt, selbst wenn es aufrecht steht. Und weil es zwischen den Stämmen immer dämmert.
Dort im Halbdunkel geht ihr bisweilen ein unvorsichtiger Spaziergänger in die Falle. Der landet im Kochtopf, sie ist eine Hexe, was kann sie dafür? Seit sie in der Walpurgisnacht mit dem Leibhaftigen Unzucht trieb (Hand aufs Herz, ein schöner Mann ist das, den von der Bettkante zu stoßen, dazu hätte es größter Selbstbeherrschung bedurft) schmecken ihr weder Schäuferle noch Kloß. Mensch muss es sein. Und die Erlanger sind, weil entspannt und gepflegt (dieses Durchschnittseinkommen!), einfach am zartesten. Die kann sie nur empfehlen.
Wenn es dann aufs Wochenende zugeht, unternimmt sie einen ihrer Jagdausflüge den Burgberg hinauf. Sie pflanzt ihr wandelndes Haus oben in den Garten einer Villa. Dort steht es und leuchtet rot aus den Fenstern, bis der Villenbewohner, der vielleicht geerbt oder einen hochdotierten Posten innehat, um sich die Wohnlage leisten zu können (diese Quadratmeterpreise!), den Flackerschein bemerkt und nachsehen geht. Er nähert sich, einen Golfschläger als Prügel erhoben, der seltsamen Hütte. Hat seine Frau, während er im Büro war, flugs ein Gartenhaus aufstellen lassen? Sie monierte, dass sie eines bräuchten. Aber warum bloß hat sie sich für dieses Modell entschieden, das schon jetzt morsch aussieht?
Nun schwingt die Tür auf und, leger im Rahmen lehnend, erwartet ihn ein Schemen. „Wer da?“, ruft der Bewohner. Gegen das aus dem Inneren fallende Licht sind keine Details erkennbar. „Maria?“ Denn so heißt seine Angetraute. Eine Antwort bekommt er nicht. Dafür schlägt beim Nachbarn ein Hund an. Und der Mond scheint hell.
Maria hat auch gar nichts mit dem Häuschen zu schaffen, sie kommt selbst spät vom Pilates und findet keine Spur von ihrem Mann, obwohl sein Auto im Carport steht. „Heiner?“, ruft sie. Doch der Heiner schwimmt, sauber aufgebrochen, zerteilt und filetiert, in Baba Jagas Kochtopf. Die Brühe schwappt wild, während das Haus auf hohen Beinen den Hang wieder hinabsteigt und heimkehrt in den Meilwald.
Tags darauf schnappt sich die Hexe einen ausgebüxten Hund, den kocht sie mit, für die Würze. Oder einen Mountainbiker, der sportlicher aussieht, als er schmeckt. Selten, in besonders nebligen Nächten, befiehlt Baba Jaga ihrem Haus, bis runter in die Innenstadt zu wandern, der knackigen Studenten wegen, die fast alle hier unten wohnen und kaum einer am Berg (diese Mieten!).
Einer von ihnen macht sich etwa als letzter einer Gruppe Feierwütiger vor Trunkenheit stolpernd auf den Heimweg. Er sieht Baba Jagas Haus zwischen zwei Altbauten hocken, wo sich eigentlich eine Hinterhofeinfahrt befinden sollte. In diesem Viertel kennt er sich nicht so gut aus. Das Unerhörte der Situation entgeht ihm. Er glaubt, hinter den rot erleuchteten Fenstern erwarteten ihn weitere nächtliche Zecher, eine WG-Party vielleicht, zu der man auch ungeladen auftauchen kann. Seit dem folgenden Morgen wird er vermisst.
Ihre Nase ist warzenbesetzt, ihr Hut ist spitz. Ihre Kräfte sind ungeheuerlich, ihr Hunger ist schier unermesslich. Zwischendurch lässt sie ihr laufendes Haus auf einem Hänger platznehmen, spannt einen betagten Geländewagen davor und zieht es auf den Schlossplatz. Dort verkauft sie aus dem Fenster heraus Konserven. Ein Zauber verbirgt das Hexenhafte in ihrem Gesicht, damit niemand Verdacht schöpft. Der Hut hängt am Ständer. Auf den Dosen steht „Hausmacherwurst“ und „Frühstücksfleisch“ und „Leberaufstrich“. Darin ist aber ein Fußgänger, ein Hund, ein Mountainbiker, ein Student und der Heiner. Entbeint und gesotten. Für eine Baba Jaga allein ist die Ausbeute eh zu üppig, egal wie groß ihr Hunger ist.
Indem sie den Erlangern die eigenen Mitbürger zu Fraß vorsetzt, zeigt sie sich dem Leibhaftigen als fleißige Adeptin des Bösen, dem sie sich verschrieben hat. Und die Erlanger greifen gerne zu. Wo sie doch so zart sind, so unendlich zart.

ChatGPT feat. Ned F. McCowski: Reisen

Es war eine kalte Dezembernacht und das kleine Städtchen war voller Menschen, die sich auf dem Wintermarkt tummelten. Doch etwas war anders in dieser Nacht. Unheimliche Geräusche ertönten aus den dunklen Ecken und seltsame Schatten huschten über die Straßen.

Die Menschen spürten die Präsenz der Monster, die sich in der Dunkelheit versteckten, aber niemand sprach darüber. Sie gingen einfach weiter, als wäre nichts geschehen.

Unter den Menschen waren auch drei Freunde, die beschlossen hatten, einen Weihnachtsspaziergang zu machen und sich auf dem Markt eine Feuerzangenbowle zu gönnen. Doch sie ahnten nicht, dass sie in große Gefahr geraten waren.

Als sie ihre Bowlen tranken, bemerkten sie, dass immer mehr Menschen verschwanden. Die Freunde machten sich Sorgen, aber sie dachten, dass die Leute einfach nach Hause gegangen waren.

Doch als sie zu dritt übrig blieben und einer von ihnen kein Geld mehr hatte, beschloss er, ein Bewerbungsgespräch bei einem Callcenter für Meinungsforschung zu besuchen. Er hoffte, schnell etwas Geld zu verdienen, um sich noch ein paar Bowlen leisten zu können.

Als er im Callcenter ankam, war er überrascht, dass auch andere Bewerber da waren. Sie wurden in einen Raum geführt, wo sie einen Computer mit einem Headset vorfanden. Sie sollten ihre erste Umfrage durchführen und dabei freundlich und höflich bleiben.

Der betrunkenen Bewerber war nervös, aber er gab sein Bestes und las seinen Text ab. Er fragte nach Marken und ob sie empfehlenswert seien. Nach einer Weile war das Gespräch endlich vorbei und der Mitarbeiter der Firma klopfte ihm auf die Schulter und lobte ihn für seine freundliche und höfliche Art.

Doch als der Bewerber auf die Toilette ging, um sich zu übergeben, spürte er die Augen eines Monsters auf sich gerichtet. Es hatte ihn die ganze Zeit beobachtet und wollte ihn angreifen. Aber er entkam knapp und kehrte zu seinen Freunden zurück.

Sie beschlossen, den Wintermarkt zu verlassen und nach Hause zu gehen. Doch auf dem Weg trafen sie auf mehrere Monster, die ihnen den Weg versperrten. Die Freunde waren in großer Gefahr, aber sie kämpften mutig gegen die Monster und konnten schließlich entkommen.

Seitdem haben sie nie wieder Feuerzangenbowle getrunken und haben gelernt, dass man vorsichtig sein muss, wenn man sich auf dunklen Straßen in der Nacht bewegt. Die Monster lauern überall und man weiß nie, wann sie zuschlagen werden.

Jeanette Hecker: Abgefahren

So bescheiden wie Freddy von „Queen“ einst im Lied „bicycle race“ schrieb: „Ich möchte nicht der Präsident der Vereinigten Staaten werden, sondern nur mein Rad besteigen“, sogleich erging es mir.
Kein Geld der Welt, kein Mann oder Traumjob hätten mich länger im schönen Frankenland halten können.
Zwar habe ich mich gerade erst wieder frisch von ihm einsaugen lassen, doch reichte es mir auch schon wieder!
Ich kam von einer achtmonatigen Reise zurück- einmal um den Globus. Als junge, neugierige, aber klar auch – naive Frau – war ich offen gegenüber den Gefahren, die die Welt so birgt.
Ganz klassisch mit dem Rucksack auf dem Rücken geschnallt, machte ich mich damals von der Provinz- ich rede hier von meiner Heimatstadt Weißenburg- unter anderem auf nach Asien, Australien, und in die USA- mit Bus, Bahn und ja, ich muss gestehen- natürlich auch mit dem Flugzeug!
Die gesammelten Eindrücke prägten mich so stark, sodass die Rückkehr nach Deutschland einschneidender wurde, als ich mir das vorgestellt hatte.
Selbst der Umzug nach Nürnberg, der wenigstens eine weitere Veränderung darstellen sollte, konnte mich nicht von der Tristesse bewahren.
Das Wetter, die zurückgezogenen, wortkargen Franken, die zwar vertraute, aber dennoch harte deutsche Sprache. All das verschlang mich förmlich. Doch ich ahnte bereits, nein, ich wusste es: „Alles Glück steckt im Wandel- also auf zu neuen Abenteuern!“
Das Verlangen wieder auszubrechen wurde unaufhaltsam, der Drang ungebunden oder wie man doch so schön sagt „frei – zu – sein“, die Sehnsucht, meine Sucht nach „mehr“, wurde täglich größer.
Ich wollte nur eines: wieder raus! Nicht irgendwohin, nein, mein Ziel war gesetzt: PORTO, wortwörtlich „Hafen“, das sollte es diesmal sein!
PORTO, an der Küste des kalten Atlantiks- Surfers Paradies – am Ende Europas!
Ja, so stellte ich es mir vor:
braun gebrannte Wassersportler, den Wind um die Nase wehen lassen, schweren, dunkelroten Wein an lauen Sommerabenden genießen, der Sprache lauschen.
Ich wollte das Leben dort einatmen!
Das alles sollte auch erreicht werden: mit wenig Geld und viel Körpereinsatz.
Ein Auto hatte ich keines, fliegen behagte mir lange nicht mehr und öffentliche Verkehrsmittel wollte ich nicht nutzen.
Zum Laufen war ich schlicht zu ungeduldig.
Klar, da blieb nur eines: strampeln, in die Pedale steigen – bis, ja bis, die Oberschenkel schreien!
Und das taten sie, und zwar beizeiten- kein Wunder bei dem Gestell!
Die bunten Sticker aus vergangenen Tagen verliehen dem Radrahmen etwas „punkiges“- die angerostete Kette und die stockende Gangschaltung wahrscheinlich auch.
Gut, mag sein. Doch: keine Zeit zum Überlegen. Das wird schon! Auf Geht´s los geht’s! „Herkules“ lässt sich auch in Frankreich richtet und: der Sommer wartet nicht!
War ich zu sturköpfig, war ich zu eigensinnig, egoistisch oder gar größenwahnsinnig?
Diese Gedanken gingen mir oft durch den Kopf beim Abschied von vertrauten Menschen.
Doch wie ich bereits erfahren hatte:
Schranken baut man sich selbst- sie beginnen im Kopf. Sie zu sprengen ist ein Akt in unzähligen Teilen.
Und so traute ich mich abermals die vielen Hindernisse – inner- und außerhalb meiner selbst, zu überschreiten. Mal zaghaft, mal mutig- egal, ich tat es!
Trotzdem, es in Europa keine Grenzen mehr gibt, war es dennoch stets aufregend zu wissen in ein anderes Land – wortwörtlich – einzutreten.
Die erste Zone, die ich gepäckbeladen überfahren hatte, war die deutsch- schweizerische.
Spätestens die Lebensmittelpreise verrieten mir, dass in der Schweiz ein anderes Lüftchen weht.
Durch meine Arbeit in der „Heilerziehungspflege“ und zugegebenermaßen auch durch meinen recht einfachen und sparsamen Lebensstil, hatte ich doch in Deutschland einige Euros für die kommenden Monate beiseitelegen können.
Gemeinsames Kochen und anschließendes Essen spart nicht nur Geld und Ressourcen, sondern Menschen auch verbindet, war das immer wieder ein willkommener „Eisbrecher“, egal in welchem Land.
Beim Schnippeln, Brutzeln und Schmatzen entdeckte ich Vorlieben und Gemeinsamkeiten- gut, manchmal auch nicht :).
Der Besuch eines „Wagenplatzes“ in Basel, einem Ort, an dem Menschen unkonventionell in Bauwägen, Caravans oder ähnlichen mobilen Unterkünften leben, hat mich nicht nur deshalb nachhaltig geprägt.
Zwar sind Nudeln mit Tomatensoße aus der Dose einladend für Radsportler, doch waren sie nicht der einzige Grund warum ich mit Joseph und Esther, die ursprünglich aus Litauen kommen, heute noch Kontakt halte.
Die unkomplizierte und gastfreundliche Art und ihre Anteilnahme sowie Begeisterung an der Tour, ließen sie mich sofort ins Herz schließen.
Für einige Tage fand ich auf dem doch ziemlich grauen Fleckchen Erde, zwischen Holzpaletten und ausgedienten Metallgestellen, Ruhe.
Genug Ruhe um ein Buch zu lesen, ausreichend Ruhe um im „Schlafbauwagen“ mit riesigen Fenster, die Sterne bewundern zu können und meinen belasteten Körper durch vermehrten Schlaf zu stärken.
Na, und der Geruch des verbrannten Schokoladenkuchens, den Esther zum Nachtisch zaubern wollte, der steigt mir jetzt noch in die Nase.
Geschmeckt hat er trotzdem, denn Liebe geht durch den Magen! Da spielt der schweizer Lebensmittelpreis auch keine Rolle mehr!
Die Zeit in Frankreich war atemberaubend!
Einen monatlang verspürte ich die angenehme Hitze der sanften Sonne auf meiner spanischen Herkunft anmutenden Haut.
Oktober, ein Monat nach der Abreise: ein besserer Zeitpunkt zum Radeln kann kaum gewählt werden.
Besonders war nun: Ich war das erste Mal allein unterwegs.
Die beiden Jungs, die mich bis dahin begleiteten, hatten sich aus unterschiedlichen Gründen verabschiedet.
Ich genoß die Einsamkeit!
Nach der Trennung von meinen Kumpanen schlief ich nun statt im Plastik- unter´m Himmelszelt.
Ganz im Vertrauen nicht von Tieren angeknabbert oder von „Nachteulen“ verjagt zu werden.
Warum nicht? Ein schöner Tausch!
Doch um den Kontakt zu inspirierenden und hilfsbereiten Menschen kam ich nicht drum rum.
Oft wurde ich eingeladen- zu Reis mit gegrilltem Gemüse; Käse und Brot.
Mir wurden ausrangierte Jeanshosen geschenkt und nicht zu wenig war die ein oder andere Party oder Studentenfete drin.
Ich freute mich über das Angebot einer herrlichen Dusche, noch mehr über den Genuss eines Bades.
Einmal gab es eine Tangostunde gratis- das war neu für mich!
Argentinische Klänge im Süden Frankreichs…
Doch wo das eine endet, wird was Neues beginnen:
Dementsprechend stolz war ich, als ich endlich das marinblaue „España- Schild“ mit den 12 gelben Sternen auf dem Hügel Kataloniens abfotografierte. (Phare du cap Cerbere)
Ein Bild, für das ich keine Kamera gebraucht hätte: es hat sich auch so in mein Gedächtnis eingebrannt!
Die Wochen an der Küste, die ich großteils mit zwei Freundinnen aus Deutschland dort verbrachte, waren wiederum für sich lebendig:
Diesmal machte ich die Erfahrung mit zwei Frauen in einem Zelt zu schlafen.
Ich genoß es „unser gemeinsames Frühstück“ jeden Morgen zu zelebrieren: was hieß: Haferbrei mit Obst zuzubereiten und „unsere“ Musik aus der „Boombox“ abzuspielen während vor uns die Sonne ihr schüchternes Gesicht zu zeigen begann.
Das Rauschen des Meeres in der Nacht streichelt noch immer meine Ohren. Angenehmer als das Schnarchen unter der Plane. Und ja, auch die Gefährtinnen!!, ungewaschen, können riechen.
Es war sicher nicht nur der Geruch, doch Hunger, Hitze und Anstrengung machten mir irgendwann doch zu schaffen.
Ich war mürbe geworden, nicht mehr trittsicher genug.
Ausgelaugt- mehr als ich mir eingestehen wollte!
Die tägliche Suche nach einem Schlafplatz, die Pflege des Körpers- oft öffentlich unter der Stranddusche- die Auseinandersetzung mit und in einer anderen Sprache- erschöpfte mich auf Dauer, zwang mich in die geschundenen Knie.
Bitter, war ich doch so euphorisch gestartet, hatte ich doch so viel Energie und Beistand während all der Zeit mitbekommen.
Doch es half nichts!
Wehmütig ließ ich meinen treuen Begleiter letztendlich in Valencia stehen. Nach 2.000 km war Schluss!
Halt! Nicht ganz!
Ob ich doch noch einen Weg nach Porto gefunden habe oder ob ich kleinlaut zurück nach Nürnberg gereist bin?
Das steht auf einem anderem Blatt…
Und trotzdem weiß ich nun:
„Ich möchte mein Fahrrad besteigen, ich möchte damit fahren wohin ich will“ – Grenzen überschreiten, ich kann mir vorstellen was Freddy damit meinte!