Eisenbart und Meisendraht ist das Literaturvermittlungsmagazin für geschundene Seelen. Jeden Monat wird ein neues Thema von unserem Schriftsteller*innenpool beackert und hernach in Radiowellen (Z) transformiert, in den Pod geschmissen und hier im Internet kybernetisch in den space gepresst.
Diese Seite ist gut, denn sie bietet eine einwandfreie Möglichkeit, in allen Beiträgen herumzustöbern, die im Rahmen von EB&MD veröffentlicht worden sind.
Aktuelle Themen
Neue Textbeiträge
Welt ohne Gesicht
Spätnachmittag, ein spärlich besuchtes Cafè. Ein Gast kommt von der Toilette zurück, setzt sich auf seinen Platz und bedankt sich mit einem freundlichen Nicken bei dem Menschen am Nebentisch. gast So. Danke. Bin wieder da. Er greift zu seiner Tasche. Der Mensch am Nebentisch schlägt ihm geschwinde auf die Finger. aufpasser Finger weg von der Tasche! gast Wie bitte? aufpasser Der Besitzer hat mich gebeten, auf die Tasche aufzupassen, bis er wieder da ist. Er hat wohl mit solchen Langfingern wie Ihnen gerechnet! gast Ich war das! Ich habe Sie gebeten. aufpasser Ihr Gesicht ist mir unbekannt. gast Mein Gott!...
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Lea Schlenker: Ich kann nicht über den Krieg schreiben
Ich kann nicht über den Krieg schreiben Mein Blut ist Ignazio Cassis Und ein bisschen Emmanuel Macron Auf dem Weg zur Arbeit im Labor Fallen mir die Earpods aus den Ohren Nach dem Aufstehen mache ich mir einen Tee Aus Schweizer Alpenkräutern (seit zehn Jahren denselben) Ich kenne Ich will Stabilität Ich kann nicht über den Krieg schreiben! Wenn ich die Nachrichten lese halte ich mir Die Hand vor den Mund Und greife dann zur Fonduegabel Ich lese von Demonstrationen Bin aber schon ein bisschen müde Ich döse ein wenig in einem Kinosessel Mitten in meiner Stadt Meinem Monbijou Während...
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Hanne Mausfeld: Essenz
Köchel, reduziere,püriere, passiere,köchel,lass ruhen und dannnimm das restlicheWässerchenobenauffiltriere, kläre die pureEssenzund sprühe den Juice aufdie Zungender GästeAhhhh!Tomatepur
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Stefan Veiths Restaurant Gargantua: Neujahrsmenu für 2022
Gargantua serviert heute Josefa Tabernagels Future Dish aus dem Jahre 1880, welches sie damals bereits aus dem outer space hinterm Mond einigen dort lebenden Dinosauriern zu Neujahr servierte Windradgeschnetzeltes oder Cyberfilet vom Ahornfischim selben Sud 3 Tage lang gebadet (Ahorndrosselschleim, oder Narzissenschnaps, Weinerliche Pferdetränen), von einem Öko-Narzisten angerührt und in unglücklicher Tönnieskuhbutter gesäuert.Gersten/Emmausnudeln mit Semmelbrösel, dazu einen Dahammerden-Salat Zum Nachtisch reichen wir einen zwetschgenverschnapsten Adamsapfel plus geeister Veganersahne (egal ob Hafer oder Koko-Lores) Dazu trinken wir einen kalten Kaffee aus Grönland. Wohl bekomms!
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Benjamin Weissinger: Parlamentsmoët
Statt 1 Parlamentspoetbrauchts hier 1 ParlamentsmoëtGenommen von den Reichen,eingeschenkt den Armen- als Zeichen.Dann Wohnung für alle,Grundeinkommen.Grenzen auf und Bleiberecht.Dazu Kaviar vom Hecht Stör.
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Clara Fieger: Wenn man jetzt Freund_innen treffen möchte
Letztes Jahr ging ich in den Steinbrüchen bei Eichstätt spazieren. Es war um Ostern herum. Ich besuchte meine Eltern, um das Fest mit ihnen gemeinsam zu feiern, doch musste ich mal raus – frische Luft schnappen, mich bewegen, den Osterschinken verdauen. Ich spazierte also den Berg nach oben zu den Jura-Steinbrüchen. Erst ging ich nur um verschiedene Steinhügel herum und zwischen ihnen hindurch, später stieg ich auch auf einen hinauf, was vom Geräusch der hinunterpurzelnden Steine und der zerbrechenden Jura-Plättchen unter meinen Füßen begleitet wurde. Die Sonne schien. Es war ein schöner Frühlingstag. Ich konnte oben den weiten Ausblick genießen,...
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Michael Schmidt: Prof. Wüirzer und das Kochen
Aus der Chronik "Gesta Professorum Wuiser". Anatol Xerophil Wüirzer *1656 in Haderfleck, + 1723 in Canterbury, England. Frühe Beschäftigung mit den Schwarzen Kochkünsten. Lehre zum Rübenschäler und Fledermausrupfer in der Garküche des berüchtigten Topfpressers Alphonso Calceusbeckus. Anschließend unstetes Leben als Feldkoch im Gefolge von Eugen Franz Prinz von Savoyen-Carignan im Rang eines Untergulaschkanoniers. Von Wüirzers Wirken zu dieser Zeit zeugt das Volkslied "Prinz Eugen, der arme Ritter". Nach einer offenen Feldküchenschlacht mit sieben Verwundeten und fünfzehn Toten Degradierung und unehrenhafte Entlassung. 1699: Flucht nach England. Dort erwarb sich Wüirzer innerhalb kürzester Zeit den Ruf eines raffinierten Gaumenkünstlers, was ihm ein...
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Theobald Fuchs: Es ist nicht immer vorteilhaft, gut zu schmecken
… es war genauso, wie ich es auf YouTube recherchiert hatte: erst nach zwei Tagen ununterbrochenen Kochens fiel das Fleisch von den Knochen. Oder besser gesagt: die Knochen ploppten aus dem Geschmorten, als wäre es ihm ein Bedürfnis, sie loszuwerden. Mir war dabei völlig klar, dass ich bei einem Hype mitmachte. Seitdem dieses Nahrungsmittel selbst von Veganern akzeptiert, ja sogar in höchsten Tönen gelobt wird, wollen es alle selbst probieren. Kaum zu glauben, aber es war seit Jahren oder Jahrzehnten unentdeckt geblieben, bis ein Isländer, glaube ich – oder doch jemand in Kanada? – darauf gekommen war, sie zu essen....
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Matt S. Bakausky: Kann nicht kochen
Ich koche gerne Nudeln mit Pulver, sagte mein fünfzehnjähriges Ich. Dann kochte ich einmal Spaghetti mit Thunfisch-Tomatensoße. Und dann eine ganze Zeit lang nichts mehr. Heute grille ich höchstens oder wärme Essen auf. Nudeln mit Pulver waren gekochte Nudeln mit Bolognesepulver von Knurr. Ich weiß nicht mehr, wo ich dieses Rezept herhatte. Normalerweise würde man das Pulver mit Wasser verdünnen, aber ich streute es über die Nudeln als wäre es Parmesan. Kochen war nie so meins. Ich war höchstens eine Küchenhilfe. Karotten schneiden für den Braten, den Braten mit Gewürzen einreiben, alles nach Anleitung. Anfänger können nur nach Rezept leben,...
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Zeha Schmidtke: 1.10. Gärtnervater
Der Gemüsehändler fegt den Boden. Die Türglocke klingelt. HändlerOh, die Türglocke. KundeGuten Tag. Folgendes: Ich will heute Abend richtig lecker kochen. Wir sind zu fünft. Da hätte ich gerne frischen Rosenkohl, möglichst kleine Köpfchen, und für die Vorspeise sechs mittelgroße Artischocken. HändlerEs tut mir leid. KundeKeine Artischocken? HändlerEs tut mir leid: So ein Laden, wie Sie ihn suchen, ist das hier nicht. KundeWieso? Draußen steht doch „Gemüsehandlung“. Und ich will Gemüse. HändlerNein. Sie wollen arrogantes Modegrünzeug. Und das gibt es hier nicht. KundeDas ist ein Scherz. HändlerEin Scherz ist es, wie sich Ihre Artischocke benimmt, seitdem sie zur Arzneipflanze des...
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Margit Heumann: Mahlzeit!
Der Wirt der Stadtschenke am Tiergärtner Tor stellt den Kupferkessel mit der fränkischen Bierbowle zwischen die bauchigen Glastassen auf der Theke. „So! Alles fertig für die Firmenfeier des Frankenfernsehens.“ Noch ein kritischer Blick über die gedeckte Tafel, die Reihe hochglanzpolierter Speisenwärmer mit dem warmen Buffet und den Desserttisch am Ende. „Fehlt nur noch das Personal“, murmelt er und verlässt den Saal, um seine Angestellten auf Trab zu bringen. Ein abgrundtiefer Seufzer durchbricht die Stille. „In was für Zeiten leben wir eigentlich?“, jammert der Kloß und rotiert empört um seine eigene Achse. „Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke,...
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Matt S. Bakausky: Heilbringender Müll
Meine Wohnung ist voller Müll. Ein Freund ist jemand, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Müll zu verwerten. Ich sitze mit Schal um den Kopf und einer Sonnenbrille vor den Augen, auf dem Bett und jammere. Der Freund macht sich Kaffee, ich mir Tee. Er spült ab. Der Freund packt riesige Mülltüten. Er versucht mich zu motivieren, mitzumachen. Die anderen soll ich vergessen. Er fragt mich, was ich so denke und ich sage ihm, dass ich nur denke, wenn ich rede. Sonst ist mein Kopf leer. Wir bringen den Müll gemeinsam runter.Die Mantras aus dem Handy waren nervtötend und...
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Michael Schmidt: Wuiser und Wohnen
So ein Philosoph hat mal gesagt: „Ich denke, also bin ich.“ Und das hat auch gestimmt, weil wie wir heute wissen, hat’s ihn tatsächlich gegeben, diesen Philosophen. Allerdings müsst man heut viel eher sagen: „Ich wohne, also bin ich.“ Weil ohne das Wohnen ist alles nichts. Zumindest nichts Gescheites. Und damit man heut überhaupt noch wohnen kann oder zum Wohnen kommt, gehört sich schon was dazu. Die Frau Drangsaler von drüben zum Beispiel, die hat aus ihrer Wohnung raus müssen, weil die einen Eigenbedarf gehabt haben. Der Bub von denen hat nämlich endlich sein Jura-Examen bestanden gehabt, ausgerechnet im Mietrecht,...
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Philip Krömer: Erbschuld
I Erbsache Das Display zeigt die Nummer meiner Schwester, ich hebe mit Widerwillen ab. Ob ich mich um das HAUS kümmern könne. Nachdem sie doch bereits den Verkauf organisiere. Sie komme so bald nicht fort von ihrer Arbeit, die Anreise sei zu weit, schon zur Beerdigung hatte sie es nicht geschafft. Welche ebenfalls sie, aus der Ferne, in die Wege geleitet hatte. Nur beim Herablassen der beiden Särge bediente ich die Winde, warf eine Schippe Erde hinterher, für alles andere war gesorgt. Wenigstens konnte ich, als einziger der wenigen Trauergäste, ein paar Tränen weinen. Unser ELTERNHAUS. In dem wir aufgewachsen...
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Lutz Senneberg: Die Orgel
Ich bin der Nebel, Du bist der Giebel, Ich Spiele am Hebel, Du liest in der Fibel. Ich zupf an der LeierDu drehst an der Orgel, Machst Suppe aus Eier, Ich dünste nen Geier. Du machst täglich Sport, Ich bewege mich kaum, wechselst ständig den Ort, ich bleibe im Raum. Auf Orgel gibt es keinen Reim, Das les ich jetzt als Zeichen:Denn unsere Liebe soll nicht sein, Muss deiner Orgel weichen.
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Hanne Mausfeld: mit weitblick
wegbeamen unnötigin wärme lüfteln undin wilden wolkenweltenvoller kumulus wann immer wellen schlagenliebend auf schaumkronen tanzenauf himmelspferden gallopierenim eigenen Kämmerchenwohlwollend auch zum selbst das geistige lotterbett nicht besudeln odermaßstabsein lassen für blaue Stundenwer weiß wo
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Frédéric Valin: Wohnen
Nachts um zwei ist wieder was los. Mein Zimmer grenzt an die Küche, und Tag und Nacht haben für Ilse nur noch marginale Bedeutung; häufig kriegt sie nachts um zwei Lust auf, sagen wir mal, eine heiße Milch. Blöderweise steht keine heiße Milch im Kühlschrank, man braucht einen Topf – den alten, verbeulten, blankgescheuerten am besten, in dem wird schon seit Jahren, vielleicht auch Jahrzehnten die Milch heiß gemacht. Dazu braucht es auch den Herd, ein altes Ding, das noch mit Gas betrieben wird, und der keinen Anzünder hat; man muss ihn mit dem Feuerzeug entflammen. Außerdem ist er widerspenstig,...
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Daphne Elfenbein: Wohnen…
… ist ganz schön anstrengend, findet Daphne Elfenbein. Immer gibt es irgendwas zu putzen. Nachdem Gastronomie, Museen und Wellness von Virus-Verordnungen vermiest sind, wird nicht mehr entspannt. Doch selbst fürs Nicht-Entspannen braucht man den passenden Sessel. Ach, Frau Elfenbein hat beim Putzen immer ganz philosophische Gedanken und eine Welle der Wonne wogt durch ihr Herz, als sie den Schmutzlappen im Schmutzwasser auswringt und nochmal über ihre Fußtapsen wischt. Ein blanker Boden - eine Wohltat! Sie wird sich einen Sessel kaufen! Je länger das mit dem Zwangswohnen währt, um so sichtbarer wird der Schmutz. Frau Elfenbein hat den Dreck nie wahrgenommen,...
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Riela Dobby: Wohnen
Ich habe im Bad ein Fenster, dass rübergeht zu meinem kleinen Zimmer. Dort habe ich im Sommer immer das Außenfenster gekippt und lüfte nachts so, ohne dass sich eine Katze einklemmen kann. Abends beim Zähneputzen nehme ich wahr, dass im Zimmer nebenan etwas Großes rumflattert. Rasch schlage ich das Badfenster zu . Dass es sich um keinen Falter gehandelt haben kann, war mir bei der Größe sofort klar. Aber ich war müde und bin erstmal schlafen gegangen. Nach einem stärkenden Frühstück, musste ich mich der Situation stellen. Ich ging ins Zimmer. Es war nichts zu sehen. Aber überall lagen die kleinen...
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Lea Schlenker: Aprikosenmänner
Ich lebeIch wohne in einem KinoLach nichtVon Xanadu und RosebudUnd wehende Blätter in lautloser PerfektionFülle ich meine Einkaufstaschen Mit königsblauem SamtCinemaFür zwölf FrankenUnd einer VideothekIn der ich alte Männer in verlorener Manier antrafHey ihr AprikosenmännerJetzt kommt die ZeitIn der sich für euch alles ändertIm CinemaMeinem ZuhauseNahm ich Platz auf staubigen Sitzen mit ButterfleckenMein Vater war TicketkontrolleurUnd meine Mutter das Stunt-Double von Grace KellyImmer nur Tee ist doch langweiligIch möchte ausnahmsweise mal Cherry Coke trinkenUnd in Hollywood sein Ich wurde geboren auf einer FilmrolleUnd werde auf meiner Schreibmaschine sterbenMit Greenwood in den Ohren und dem GedankenDass der Bundesrat hätte schneller reagieren könnenFuck...
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