Einst war ich eine verlassene Frau
es wäre für mich der Supergau
wenn ich unbemannt bliebe.
Was tut eine Frau, wenn es wirklich hakt
auf der Jagd nach dem Liebeskick?
Sie googelt und tindert und sucht Kontakt
und findet im Netz ihr Glück.
Einen Gentleman hab ich gefunden
wie‘s ihn nur einmal gibt,
Hals über Kopf in wenigen Stunden
war ich in Hannes verliebt.
Es folgten Zeiten voller Glück,
Hannes war in allem mein Held,
drum gab ich ihm alles und hielt nichts zurück,
Weder Liebesbeweise noch Geld.
Nicht lang, denn kaum war das Konto leer,
auf den letzten Cent geräumt,
da war er weg, der feine Herr,
und mein Liebestraum ausgeträumt.
Und die Moral von der Geschicht‘:
Bist du auf Männersuche,
trau keinem Gentleman nicht
sonst schlägt das Minus zu Buche.
Kategorie: Lyrik
Jutta v. Ochsenstein: im Schatten
es gibt die Inhalteprüfer 
für die Metafacebook-Sauberkeit:
Menschen kauern vor Bildschirmen
Bildschirme mit Gewaltfilmen 
jede Gewalt: menschliche Abgründe
Inhalteprüfer sind aus ärmsten Ländern
von täglichen verstörenden Bildern traumatisiert
für ein sauberes Meta für uns alle
es gibt die Doku: Im Schatten der Netzwelt
kämpfen Inhalteprüfer für ihre Behandlungskosten 
im Schatten der Milliarden
Jakob Leiner: HELLSEHEN
es ist sehr gut möglich  
dass ich nachher unter  
dem einfluss eines glas  
rotweins mich an den  
schreibtisch begebe und  
schnell aus einer idee  
ein gedicht entwerfe  
das der stimmung an  
gemessen ist ihr sogar  
schmeichelt das kommt  
ganz darauf an was  
das gedicht möchte  
ich für meinen teil werde  
dasitzen und höchst  
wahrscheinlich denken  
man man ist das meta.  
Lena Kratzer: Fiat Panda
Immer hat es dich getragen,
von Ort zu Ort gefahren
über Autobahnen und Landstraßen.
Ein Dach über dem Kopf,
am Lenkrad deine Fingerabdrücke.
Ein Geruch von Abenteuer mischt sich
mit dem Gegenwind vergangener Sommertage.
Erinnerungen in Nebelscheinwerfern,
Musik als Begleitung.
In den Ritzen der Sitze
Erdnussreste der letzten Fahrt.
Doch da umarmt schon bald wieder
der Panda die Frau Meisendraht.
Lea Schlenker: Die Auktion
Als ich die Auktion betrat 
Hatte ich ja keine Ahnung 
Als ich die Auktion betrat 
Hatte ich ja gar keine Wahl 
Wo sollte ich denn sonst hin 
Auf der Suche nach ein bisschen roher Emotion 
Die Welt wurde an den Bestbietenden verkauft 
Und nun ist die Auktion beendet 
Alle stehen auf und wollen ein Stück von mir 
Ein Stück Leber und eine Träne und die zwei Augen 
Meine Zähne und eine Haarsträhne ausgerissen und zwischen zwei Buchseiten geklemmt
Dieser Ausverkauf flasht mich überhaupt nicht mehr 
Gar nicht so wie früher oder 
Vielleicht war ich auch gar nie auf der Suche nach irgendwas 
Mein Streikbrecher und ich sind wild wie Wölfe 
Und rot wie das brennende Athen 
Mein Streikbrecher und ich sind wild wie Wölfe 
Wo bist du mein Kleiner? 
Wir haben uns doch mal zu Musik im Supermarkt geküsst 
Zwischen Mangos und Avocados 
Haben Coupons zerrissen und ein Feuer gemacht 
Ruth Bader Ginsberg zur rechten und Mariah Carey zur linken 
Wir sitzen in einem Restaurant und geben unsere Daten nicht an 
Eine fette Pappmachepuppe starrt uns an 
Sie starrt uns während des Hauptgangs an 
Sie starrt uns während des Desserts an 
Sie sieht uns sogar beim Weinen zu als wären wir Fische in einem Aquarium 
Ich sehe zu Dladlinia rüber und sie schluckt und sagt 
Ohne Acid kann ich diese Weltuntergangsstimmung einfach nicht richtig geniessen
Verstehst du was ich meine 
Denke an kleine Metallteile in der Luft 
Und ich langweile mich 
Und ich hasse das 
Und ich hasse diese Hitze gefolgt von Regen gefolgt von Kälte gefolgt von Feuer 
Die Stadt und die Menschen 
Die den Olymp bestaunen und ein Foto machen 
Solange er noch steht 
Während im Hintergrund die Flammen lodern 
Und riesige Fluten von Asche und Blut auf uns zu kommen 
Und ich bereue dass ich an dieser Auktion dabei war
Stephanie Mehnert: Zwischenzeilen, abgefallene
Es ist so still. Da
liegt die Asche auf den Lidern
liegt auf den blassen Mündern
und dort im Park, wo wir erst gestern waren
Wir leben in Legenden weiter, viel besser als wir sind
hast du geflüstert, wenn wir beieinander lagen
und scharrende Taubenfüße zählten
die gerade Zahl für Zukunft
die ungerade
Jetzt nisten Vögel in den schwarzen Fenstermäulern
das Uhrwerk spuckt Sekunden in die Nacht
und wir welken wir am Erlebten
die Träume in Trümmern
unausgesprochen
Es ist so still. Da
liegt der Morgen auf den Wangen
liegt auf den Dächern, die noch sind
und schau doch nur: der Tag beginnt im Osten
David Telgin: Tabletten
Unter Tabletten
am Morgen
Wie hinter
einer Glasscheibe
Ruhig gestellt,
stark gedämmt,
runter gefahren,
irgendwie anders als sonst
Er bereits
im wachen Schlaf
Seine müden
müden Augen
Unter Tabletten
bricht selbst der Tag
Im Dämmerzustand
sucht er nach seinem Schatten.
Angelina Roth: Watching a Crime
Ich sinke in Gedanken.
Die Treppen zur U-Bahn hinunter.
Sehe Menschen.
Höre Schreie.
Weine leise.
Ich fliege in Gedanken.
Durch die Straßen von Kiew.
Sehe Soldaten und erkenne nicht,
zu welchem Heer sie gehören.
Unter mir mein Schatten.
Oder bin das ich?
Am Fenster steht ein Kind.
Oder ist es schon erwachsen?
Der Himmel dröhnt.
Was war, ist auf einmal wieder, was sein wird.
Nichts kann meinen Flug durch die Stadt stoppen.
Ich sauge den Schmerz auf,
gerate in Taumel,
und mein Körper stirbt im Bombenhagel der Vergangenheit.
Ich stehe auf und laufe zu Fuß weiter.
Es ist Krieg.
Heute und morgen gibt es nicht mehr.
Es gibt nur noch diesen Krieg.
Lea Schlenker: Ich kann nicht über den Krieg schreiben
Ich kann nicht über den Krieg schreiben 
Mein Blut ist 
Ignazio Cassis 
Und ein bisschen 
Emmanuel Macron 
Auf dem Weg zur Arbeit im Labor 
Fallen mir die Earpods aus den Ohren 
Nach dem Aufstehen mache ich mir einen Tee 
Aus Schweizer Alpenkräutern 
(seit zehn Jahren denselben) 
Ich kenne 
Ich will 
Stabilität 
Ich kann nicht über den Krieg schreiben! 
Wenn ich die Nachrichten lese halte ich mir 
Die Hand vor den Mund 
Und greife dann zur Fonduegabel 
Ich lese von 
Demonstrationen 
Bin aber schon ein bisschen müde 
Ich döse ein wenig in einem Kinosessel 
Mitten in meiner Stadt 
Meinem Monbijou 
Während in einer nicht allzu weit entfernten Stadt 
Die Filmrollen explodieren 
Ich kann nicht über den Krieg schreiben 
Ich plane meinen sweet thirty in Montreux 
Und einen Weekendtrip nach Paris 
Drinks in Basel und St. Louis 
Die Zeit vergeht wie im Flug während draussen 
Die Bomben knallen 
Ich kann nicht nicht über den Krieg schreiben 
In meinem Kopf Geschrei 
Und in meinen Beinen 
Ich drehe Runden wie ein geschlagener Hund 
Alles was ich denke 
Alles unter der Sonne 
Und dem blauen Himmel 
Ich kann nicht nicht über den Krieg schreiben 
Nie würde ich für mein Land kämpfen 
Nie würde ich für ein Land sterben 
Ich würde Abrüstung schreien 
Ich kenne 
Ich will 
Stabilität 
Ich kann nicht über den Krieg schreiben 
Und ich kann nicht nicht über den Krieg schreiben 
Live Ticker und Panikattacken 
Was heisst Neutralität 
Es heisst Grau wo normalerweise Farbstufen wären 
Emmanuel Macron telefoniert 
Schon wieder? 
Ich wasche mein Gesicht 
wie jeden verdammten Morgen
Hanne Mausfeld: Essenz
Köchel, reduziere,
püriere, passiere,
köchel,
lass ruhen und dann
nimm das restliche
Wässerchen
obenauf
filtriere, kläre die pure
Essenz
und sprühe den Juice auf
die Zungen
der Gäste
Ahhhh!
Tomate
pur