Christian Knieps: Mein Hund, mein Wahnsinn

Ich halte mich für einen glücklichen Mann, wenn alles in seinen rechten Bahnen läuft. Dann entschied ich mich dazu, mir einen Hund anzuschaffen und erschuf gleichzeitig meinen eigenen Wahnsinn.
Der Plan war denkbar einfach: ich hole mir einen Welpen, nehme einen ganzen Monat Urlaub, erziehe ihn und sorge dafür, dass er stubenrein wird, und gehe, wenn das Gröbste überstanden ist, wieder arbeiten. Abends würde mich dann freudestrahlend mein treuer Begleiter erwarten, mit dem ich zum Toben auf die Hundewiese gehen könnte.
Als ich Tommy das erste Mal sah, war ich sogleich dahingeschmolzen. In die sanftmütigen Labradoraugen verliebte ich mich auf den ersten Blick und so zog Tommy bei mir ein. Der erste Monat war dann auch der Himmel auf Erden! Ich hatte Urlaub, konnte den ganzen Tag den kleinen Welpen umsorgen, ihn bespaßen und mit ihm draußen sein.
Alles war perfekt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich wieder arbeiten ging. Wie jeden Morgen war ich früh mit ihm eine große Runde gegangen, dann aber den ganzen Tag unterwegs gewesen, und als ich abends nach Hause kam, wollte ich die Türe lieber wieder zumachen und gehen.
Tommy stand zwar schwanzwedelnd vor mir und freute sich über alle Maßen über meine Rückkehr, doch meine Wohnung hatte nur noch wenig mit der zu tun, die ich verlassen hatte. Kopfkissen waren zerfetzt, alle Schuhe, die draußen gestanden hatten, waren angenagt – ein erstaunliches Ergebnis, wenn man bedenkt, dass der Kleine erst knapp vier Monate alt war. Vasen lagen auf dem Boden, die Blumen waren angeknabbert, Tischbedeckungen waren zum Teppich umfunktioniert worden und ob ich jemals die Fernbedienung meines Fernsehers wiederfinden würde, stand noch in den Sternen.
Ich wollte ausrasten, durchdrehen, doch Tommy freute sich nur, mich zu sehen. Ich konnte nicht anders, als mich zu ihm zu bücken und ihn zu streicheln. Die Tränen in meinen Augen leckte er weg und ich war augenblicklich wieder verliebt. Trotz des Chaos und trotz des Wahnsinns, der in mir erwachsen war und den ich die nächsten Monate stetig bekämpfen musste.
Ich probierte es mit noch längeren Spaziergängen, Suchspielen, Apportieraufgaben, sogar mit einem Laufband versuchte ich es, doch Tommy war nicht zu stoppen, wenn ich nicht zu Hause war. Ich hatte – man konnte es gar nicht anders sagen – einen hyperaktiven Kontrollfreak großgezogen, der durchdrehte, wenn er nicht wusste, was er mit seiner Energie machen sollte.
Das alles geschah vor drei Jahren. Inzwischen haben wir uns beide mit der Situation arrangiert. Er darf mich kontrollieren und ist ein wenig erwachsener geworden, und ich habe zusammen mit meiner Wohnung einen massiven Veränderungsprozess durchlaufen. Seit neuestem frage ich mich, ob ich durch Tommy unfähig geworden bin, eine Beziehung zu einem anderen Mann einzugehen. Aus Angst vor Tommys Eifersüchteleien.
Doch dann kam das Glück zurück, und Arne trat vor kurzem in mein Leben, der selbst zwei Hunde hat. Zwei Hunde, die so gar nicht wie Tommy sind. Erzogen und mit perfektem Sozialverhalten. Es knallte kurz, als wir alle fünf das erste Mal aufeinandertrafen, doch siehe da – Tommy war auf einmal wie ausgewechselt. Plötzlich hatte er seine Aufgabe im Rudel gefunden. Und so langsam verschwindet auch mein Wahnsinn. Nur auf dem Boden werde ich nichts mehr liegen lassen. Nie wieder! Versprochen!

Ella:r Gülden: Muschelbadewanne

Ja und die hatten so eine Wellness-Badewanne mit integriertem Whirlpool wie aus nem Spa-Hotel .. weißt schon, wie eine Muschel geformt, oder vielleicht eher wie ein Herz.

Es war um meinen Geburtstag herum, zufällig in dem Jahr btw, als Michael Schumacher verunglückt ist, der Unfall war genau an meinem Geburtstag, da lagen wir in dieser Muschelbadewanne, und ihre Mutter sah unten fern, und wir küssten uns und knutschten, und mehr und das Wasser war so schön warm, und ihr Körper auch und es schäumte. Ja, das war das dritte Date und ich war da einfach schon mit bei ihrer Mutter zuhause. Ist bisschen so ein Lesben-Witz, gell? Die Mutter war still und freundlich, ihr Vater lebte nicht mehr. Sie lächelte mich oft wissend an, ich war schon „die Neue“, wir hingen viel aneinander. Sie war so unfassbar weich, ich ging schier in ihr verloren, ließ mich von ihren supersoften Lippen aufsaugen und tauchte über ihr sanftes, rundes, ultracutes Gesicht in sie hinein. Da blieb ich ganz schön lange, fühlte mich einfach wohl.

Dann war aber gleich darauf Silvester, da waren wir bei schwulen Freunden von ihr, glaub in einer anderen Stadt. Die waren wirklich so klischeeschwul, vor allem einer der beiden, und es hat einfach Spaß gemacht. Wir haben Trivial Pursuit gespielt und es liefen Pophits über Youtube auf dem Fernseher, das war damals noch recht neu. Sie hatten einen albern tapsigen Mops, und was es zu essen gab, weiß ich nicht mehr. Vielleicht vegetarischen Hot-Dog? Vom Sekt angeschikert kam ich ihr dann immer näher, und es ging heiß her in der Neujahrsnacht. Ne, ich erzähl jetzt keine Details, vielleicht ein ander Mal, wenn du darauf brennst. Naja und dann fuhr ich bald wieder heim und das neue Jahr ging los, dies das, und ich hätte’s nicht gedacht, aber dieses schon echt intensive Treffen war auch gleichzeitig das letzte.

Tja, so kann’s gehen. Das kam da sehr unerwartet und ich hab monatelang gelitten und war tieftraurig, es hat aber halt nicht gepasst. Und das war eben meine erste queere Erfahrung, das erste Mal ist immer am krassesten, oder? Naja, wirst du noch sehen. Ist ja ganz individuell. Mit jeder Person ist es anders. Es kamen dann noch ein paar nach ihr. Schon fast immer schön, aber oft auch gewissermaßen kompliziert. Menschen halt, hm!? Meine queeren Dates waren in jedem Fall immer aufregender und weniger vorhersehbar als die heterotischen. Aber vielleicht bild ich mir das auch nur ein. Hab’s mir jedenfalls nicht ausgesucht, queer zu sein, doch es taugt mir. Dir auch, oder?

Ach und sie, die erste, hatte mir übrigens mal eine Leckmuschel gegeben, das war für sie ein lesbisches Symbol, lol. Die hab ich immer noch. Willst du noch den letzten Schluck Wein?

Auf eine queere Zukunft!

Das Wil: Mirror

Sometimes I see someone else. Not on the street, but in my mirror. Its the same face every time. But it isn‘t… me. That‘s alright. I‘ve gotten quite used to it. If I look at the other being for too long it takes my body. I am left floating. I like to float. Everything seems very small when you‘re far away. Most of the time my other just skips breakfast and otherwise tries their best to pass as me. But on some special days, it goes to the woods to… become. I am not sure what.

I have entertained the thought that maybe, I am a vampire. Vampires can‘t see themselves in mirrors. I also much prefer candle light to any bright lights outside. But Vampires aren‘t real, are they. Also I love garalic way too much. Then again, none of this feels truely real.

After it has wandered and I haven‘t payed at- tention, floating, as I do past stars and the sun basking in the glory of the universe, I wake up. I have to remember what I am and who. Depen- ding on how far we went, I have to figure out the where. Then, going outside, strangers call me by names I didn‘t tell them and trees whi- sper of memories I do not have. None of it feels real then.

The first time it felt real was when we started leaving notes to eachother. It was the scarirest thing. Of course I was aware before. But there is a difference between awareness and true realiza- tion. They started out mean. Go away. Why are you here. You are a coward who doesn‘t deserve this. Why did you hurt him. Stop being. Stop being so angry. Stop hurting me. GO AWAY. And I wanted to. I tried. I fled to the sea to drown my fear but it wouldn‘t sink. And I went to the earth and begged her to take me back but she rejected me.

And so I apologized. I looked at myself, not the one in the mirror, but me, as I am from its point of view. And it- well it gets worse before it gets better. I am not sure if you have ever drowned. It is a lot like that, sticking your head too far past the point of return past the cold glass of the mirror and let it flood you. And you can unsee, of course you can. But you shouldn‘t. Because you‘re just turning your back on the things that might stab you. Personally I‘d rather see what is coming for me. I‘d rather see where I am going.
So I have seen me.

I know with more certainity now, that what I see in the mirror, it isn‘t me. Even so, the letters have changed. I have found out it likes choclate and eyeliner and if I leave little gifts for it, it even does my chores when I can not. It tells me not to be afraid, but I can not follow all of it‘s wishes. But the fear is different from before and the hatred gone.

When it goes to the forest now, to become, we become together. It is not me and I am not it. But we are becoming into the same thing toge- ther, no longer fighting over all the different di- rections or stubbornly pushing down paths the other may be hurt by. We are two but we will grow as one.

Most recently I have discovered what I think are little love letters and I am leaving some of my own. Rarely. And every thing still isnt forgotten. Won‘t be forgotten anymore. But I try to. When I have the time to.

Andii Weber: Tiny Dancers

Komplettes Layout im Originalskript auf Google drive

<- stehe ich wieder im raum und danze. die wahrheit interessiert mich nicht, mich interessiert DEINE wahrheit, verstehste?

guter Sound, wummerich und breit, DRdrdrECKIG. massiert die herzchen heute nacht. es rauscht, tropFtropFtropF DJ guckt unnahbar und mit dem kaviarschwarzen pulli (trauerFloor) gepellt wie aus dem EI aus, ist aber eigentlich voll am lachsen in’s Fäustchen und so. der tanzFlur ist leicht abschüssig, immer mehr gute tropFen Fallen auf den ballsaalboden, Fütze, riesige rinn(sale, (eau sale)), winzige sturzFluten, die all die Füße auf dem floor wegziehen, uns alle Ferschwimmen lassen, Flussaufwärts, Fischtreppen, hinauF, hinauF, whatafeelingwhenweredancingontheceiling gibt es hier überhaupt eine decke?

in der schwerfällig bewegten luFFFt (= bass) um uns rum: je nach individuellem geschmack und bedürfnis weite oder enge klklklkeidung, stacheldrahtkettttttten, bauchnäbel. die tanzFläche ist aus dem mittelalter glaub, oder aus dem märchen aber egal, heute ist ja heute BRRRholdmecloserBRRR. wir oszillieren in den böhen, im Fööööön, der beat knickt Kreise ins Korn und wir sind da mitten drin. dann schau ich kurzRTZRTZRTZ zu der einen Seite (dich an) und du zur anderen (mich an) und dann lachst du allwissend und wir RTZELRTZONjohnRTZRTZ.

aales Fällt auseinander, aber genau so, wie es soll !”§$%&/()=?[SCHNITT] ich grabe meine Fingerkuppen hinein in deinen Rücken, nur ein bisschen. muskeln, knochen, Fühle deine gräten ((((((((das “gräten” bitte so überbetont aFFektiert lesen)(das in den klammern dann auch), mit dem imaginären Fischmesser das Fleisch sorgfältig abziehen, an der haut herumschnieFen,, dieser slipperigen Fishhaut aus polyester die das alles irgendwie beisammen hält,,, dann hals,, Flaumig und ein bisschen schuppig, knibbeln:: ein sehniger korb, komprimierte geheimnisse darin. FeFFerkuchen oder pilze? ist ja auch egal WAS GENAU, solange da nur ein blutiges HerzrtzrtzrtzrtzrtzwrsrwsWASgenaudadrinist.HUI ein roter ApFell! und dein bariton knurrt sonor:: KOSTE doch MAL, hübsches!

irgendwo unter deiner haut — vielleicht gleich neben den schwimm- gallen- und giFFFtblasen — ist sicher ein gemeinsames verständnis vergraben, das uns (ab/ver)bindet von/vor/mit der welt, wie einer dieser schlüssel, den ich da einfach rausziehen machen kann und die tür zum nächsten rätsel auf, zu einer neuen wahrheit. und sie lebten glücklich bis an’s#Feelings interessieren mich nicht, mich interessieren D3IN3 Feelings, verstehst du mich bitte?

Menschen sind so krass manchmal, so krass geil.(GPT: “Hier könnten Sie mehr Kontext oder Details hinzufügen, um die Krassheit und die Geilheit der Menschen weiter zu erklären” — die maschine versteht es einfach nicht) Ja, scheisse auch oft, meistens, aber hier, auf dem märchentanzFlur, da sind’s einfach scheissegeil. und Finden sich auch einfach so. und gehen heim, irgendwann, wenn es wieder hell wird und dann ->

Katrin Rauch: 42 verse zur lage der g-fläche

luft dunkler nebelsache
begreifen was da ist
liegt streicht schwebt
sich räkelt um die taille
nasses knistern verteilt
mit küssen geflissentlich beträufelt
das auge blitzt begehren umher
der blick flickt zusammen
was aus nähe nur vereinzelt
schichtet wangen in handflächen
und finger in den nacken
ins haar gleiten fassen
schwimmen strähnen
le lobe de l’oreille comme l’aube
le soleil a la veille de s’lever
chère chair de poule
moulée sur ton souffle
zungenspitzen in taillentälern
über schlüsselbeine ziehen
die hüfte erhebt sich
süße hügel zu bewandern
sanfter wellengang

wen interessiert schon das rohe
das pimmelgelutsche das unempfindliche
wenn ich dein aufbäumen gegen
brachiale mythen haben kann
wie das jungernhäutchen
das es auch noch zu verletzen gelte
wer sich diesen schmarrn schon wieder ausgedacht hat
kann kein glücklicher mensch sein
wer sich das mit dem stecker in der steckdose
mit dem bleistift im spitzer
mit dem braten in der röhre
mit dem würschtel im apple pie
hat noch nie ein gefühl
und noch seltener eine fähige hand gehabt

luft dunkler nebelsache
zerfließe in strömen bitte
tauche meine handrücken
fest neben meinen ohren
in das weiche heiße rauschen
die wogen zu plätten.