schlag das haus auf, die wohnung. darin prothesen, dir, laut massenwahn, deine mehr bis minder alltaeglichen taetigkeiten zu erleichtern, sowie semistationaere aufbewahrungsbehaelter fuer kuenstliche abgelegte haeute & allerlei zeug, dessen scheinbare notwendigkeit deiner blanken unfaehigkeit entspringt, dich den umstaenden & dir begegnenden ereignissen ohne ein pathologisches horten von vorsichtsmasznahmen & gegengiften zu unterwerfen: du, also, verstellst dir den raum mit pervers geknechtetem material – wider seine natur mit viel aufwand zum vermeintlichen stillstand gezwungen –, seinen wandel verdraengend, abnutzungserscheinungen verfluchend … aber, wieso, nur, wo dir doch klar sein muesste beziehungsweise sollte, dass seine erosion dadurch zwangslaeufig beschleunigt wird, nutzt du es denn dann, um ruecksichtlos darauf zu liegen, sitzen, speisen, scheiszen, kopulieren? willst du in einer zeitkapsel vor dich hinvegetieren, dich in deiner nahezu grabkammer dem quirligen leben entziehen & dir die luft zum atmen von letztlich primaer industrieware rauben lassen, die das, was du zuhause nennst, mit seiner widerlich sperrigen anwesenheit verseucht …?
Kategorie: Beiträge
Bastian Kienitz: Das Dachstudio
(Blankosonett)
der Bass schlägt schräg auf die Sekunde ein
ins Zwischendurch gevögelt bis zum Wahn
wirkt dieses Glas lichtbrüchig und erhitzt
wenn man ganz oben auf der Treppe steht
verliert die Maske ihren Sinn und Zweck
und die Gestalt erhebt sich lüstern selbst
auf das Podest und wird zum Mittelpunkt
der Tagesschau auf dem Dachstudio
das Fiftyfour gleich um die Ecke scheint
ein Licht aus Tausenden und einer Nacht
mit Charme, Schablone und von Angesicht
zu Angesicht, gemeißelt, bibeltreu
vielleicht auch frei von Mauern, alles gleicht
dem großen Plan: dem Ganzen scheingestellt…
Bastian Kienitz: Das Buch
das ist mein Buch, am Rand des hölzernen Tisches
mein Boden, auf den ich das Teeservice setze
die Ordnung zum Kreis einer Linie und Ecke
am Ende der Lehre, schlussendlich Verwischtes
dort steht auch die Kanne, chromblassgrau im Leben
meliert wie die Haare, die ich mit mir trage
doch alles wirkt ruhig, ringsum was ich habe
bleibt in sich gekehrt vom verwaschenen Reden
es ist jetzt vollbracht, meine Zeit scheint zu Ende
und alles was bleibt, sind die blattlosen Seiten
dort bin ich, dort war ich und dennoch beizeiten
bin ich das Stillleben im Schein deiner Hände…
Bastian Kienitz: 10.11.2012 [2.00Uhr]
Auf dem Tisch liegt er, wie etwas Gezähmtes, mit Zähnen,
mit messerscharfen Blickpunkten, an ihren Schenkeln ent-
lang kleine Perlen, klitzekleine vom Regen und rotgestürzte
Unterlippen von seiner Protagonistin: er liest am Biertisch
weiter vom Schreiben….
Bastian Kienitz: The Chair
der stuhl auf dem
du sitzt ist morsch
und auch die zeit
der Stuhl auf dem
du sitzt ist morsch
und auch die Zeit
hat ihre Spuren
hinterlassen
gefaltet hängst
du deine weißen
Hemden auf
und wünschst
dir dieses flatterhafte
Herz zurück
(vielleicht hat es dich längst
verlassen)
ich glaube nicht
dass es dich stört
den Neuanstrich
wird niemand wagen
und wie der Stuhl
wirst du zuletzt
zerbrochen einen letzten
Ausweg planen
David Telgin: Der alte Schrank
der alte schrank
in der neuen wohnung
Der alte Schrank,
zwölfmal umgezogen,
Seine Kanten stumpf
von Jahren gezeichnet,
Narben
wie Runen in sein Holz gegraben,
Mein treuer Begleiter
Der alte Schrank
in der neuen Wohnung,
In der Ecke
glänzt er wieder
Ein stummer Zeuge
aus alten Tagen
Der meine Geschichten
und Träume bewahrt.
David Telgin: Tisch und Stuhl
Tisch
und Stuhl
Darüber
der Kopf gebeugt
Die schöne Maserung
des Tisches
Weiße Wolken
die langsam vorüberziehen
Blaue Tinte
und Gedanken auf dem Papier
Carsten Stephan: Malewitschmodell Mascha
An der großen Schönheit Maschas
Hat ein jeder sich ergötzt.
Und Malewitsch hat sie schließlich
Auch perfekt ins Bild gesetzt.
Er holt sie vom Rübenacker,
Sie posiert im Atelier,
Perlenohrring nur am Leibe,
So entstand auch dies Porträt.
Und bald kam es, wie es musste
Zwischen Maler und Modell.
War modern auch Herr Malewitsch,
Hier blieb er traditionell.
Was der Meister in ihr sehe,
Fragt verliebt sie ihn zuletzt.
Er verwies auf sein Gemälde,
Und das hat sie wohl verletzt.
Denn sie nahm ein Hackebeilchen,
Herr Malewitsch ward ganz klein,
Und ging in die neue Phase
Des Gulaschfuturismus ein.
Ja, der Mascha schwarze Seele
Zeigt das Bild hier absolut.
Bloß Banausen finden’s einfach
Nur quadratisch, praktisch, gut.

Kasimir Malewitsch: Das Schwarze Quadrat.
Malerischer Realismus einer Bauerntochter in zwei Dimensionen (1915)
bastian kienitz: Appolo und die Musen
das Ungeschriebene flüstern dieser Regen tropf tropf reden ohne Worte mit dem Augenaufschlag im Frühsommer oder lass es Frühling Winter sein auf deiner Insel hinterm Horizont das eine Blatt der Stift und das inmitten fröhlich tanzende Sehnsucht zerreißende Naturschauspiel auf der Rückseite des Mondes lass uns Blumen pflücken gehen die ich aus seiner Stille lese
Bastian Kienitz: LA SCAPLIATA
hinter den Augen, die ein Meer von sich zeichnen
zeichnet sich stumm eine Stille mit ab
zwischen Kontur und dem ersten Anzeichen
einer Begegnung, die mehr als das sagt
als ihre Lippen zu sagen vermögen
Herbstzeit ein Blatt auf verblichenem Blatt
hinter dem Lichtstreu aus Licht und dem regen
eines Gefühls aus den Tiefen der Nacht
lächelst auch du als Geheimnis dazwischen
wortloses Schweigen, vielmehr noch als das
was ich nicht sage, dein Herz muss es wissen
und schaut im Stillen zu den Sternen hinab…