Blumenleere: & now we need some body that’s gonna remind us …

heikel & verborgen. die daten, die wir meinen & nicht zu kennen behaupten. irrefuehrungen in einem labyrinth aus korrupten informationen. wo dein herz die panik kuesst. ach, wer weisz bescheid, ueber deine eskapaden, damals, heute morgen? privatsphaere sabotiert, explodiert, ihre truemmer durchs netz verteilt an haushalte mit emporkeimenden tentakeln … jawohl!: servus, miteinanderhier jetzt grueszt der all-bot! das algorithmische manifest einer fremden aera verheiszt niederschwelligen zugang, verheimlicht suchtpotenziale, selbstmorde auf raten – wir obskuren transistoren oder sonstwelchen elemente gleich sich schaltender &, analog, bunt schillernde differenzen (ausgefallen anmutende variationen der oberflaeche, darunter, verwesend & fataler: morbus …!) vorgaukelnder irgendwann blosz noch tautologisch selbstreferenzieller hyperkultureller vernetzungskreise gieren nach dem makel auf der netzhaut der andren, in der hoffnung unter ihrem blanken schatten ungestoerter abgefahrenste obszoenitaeten zu zuechten, an deren sich stets erhoehender dosis wir uns gen totales delirium aufgeilen, nicht bemerkend, die zahllosen mikroskope im laengst schrecklich verheerend ausgefransten cyber-nacken …

Bastian Kienitz: WAANSWU

Gestern, als wir gierig die Gezeiten
leckten, die wie Lava aus dem
Tropfstein brachen und uns in der Arche
wiederfanden WAANSWU nicht sicher
welches Tier es über den Rand
der Klippe schafft, die Welt
glich einem Friedhof
der verwaisten Kuscheltiere
die mit ihren Kulleraugen traurig
schauen.

Hast du schon einmal
den Friedhof der Kuscheltiere gesehen?

Also man gräbt ein Loch, mindestens
ein paar Meter tief, Filmangabe hier
P18 und nimmt ein wenig Löschkalk
trocken Korngröße extrafein
mal Moor der kleinen Götter
ich meine F*… was ich dort zu sehen bekam
das war definitiv ein Horrorfilm


Anmerkung: Das Gedicht wurde von dem gleichnamigen Bild WAANSWU von Jaroslav Serpan inspiriert.

Bastian Kienitz: INDUSTRIEBAUERN

(Blankosonett)

das Feld liegt brach und schweigt im engen Raum
dem Leben nach, das von den Wänden blättert
wie Scheinabraum der toten Außenkippe
mit dem Ergebnis schwerer Arbeitsgänge

sitzt man zu Tisch und faltet seine Griffel
im Glauben, dass jetzt alles besser wird
zum Erntedank gibt es ein Luftgemisch
mit Staub dosiert, damit die Augen brennen

jetzt zuckt der Nerv ganz aufgeregt und spastisch
mit der Tendenz sich weiter zu entfalten
wird Sitzfleisch tagelang gut angemästet

plus Tierversuch: Tablettenresistenzen
vom hohlen Geisteszustand ganz zu schweigen
dass sich so manche selbst für Götter halten…


Das Gedicht wurde von dem gleichnamigen Bild INDUSTRIEBAUERN von Georg Scholz inspiriert.

Harald Kappel: das Ende der Wünsche

Lächelnd warten
dein Haus
eine milde Kathedrale
gefüllt mit Enttäuschung
der Duft flimmernder Blätter
im moorigen Morgentau
gebiert nur Übelkeit
auf den Lippen
müder Mohn
der nichts verändern kann

Lächelnd warten
lange Tage
die Gedanken gefüllt mit Garnichts
dein feuchter Leib
flattert nicht mehr so jung
unter deiner Frau
ein Nagelbett
das Schweigen der Münder
ein letzter kleiner Tod
die Krone der Kirschbäume
dornenreich
in den Gipfeln
ein ferner Traum
unbesteigbar
die Felder blutrot
nett gewellt
in Schnaps getaucht

Lächelnd warten
lange Nächte
in der Bucht
ruft eine goldene Glocke
nach dir
du lauscht
den alten Klängen
als es das Glück noch gab
da war ihr Duft die Sonne
nun
schleichen Schatten ins Geläut
hauchen leise
unentrinnbar
das Ende der Wünsche
in deine Gedanken

nicht mehr lange
Lächelnd warten

Bastian Kienitz: Wir sind alle Zeugen

es sind Bilder
welche dich verfolgen
festgebrannt

auf einem Negativ
aus digitalen
Zwischenräumen

gestochen scharf
in HD-Qualität

hier habt ihr
einen Ort wie jeden

plus Kain
der hat seinen Bruder
erschlagen

auf einem Feld
gleich hinterm Gebüsch

mit der verödeten
Gleichgültigkeit eines Males

Bastian Kienitz: Treibstoff zum Feuern

Masse ist gleich Treibstoff zum Verfeuern in deren Mittelpunkt
ein junger Mensch am Anfang seines Lebens steht als hätte er
A) keine andere Möglichkeit und B) die rote Pille bereits jetzt
geschluckt – K E R N B O T S C H A F T:

Macht zur Wahrheit oder Mut zum Wissen wenn die Wimpern
ausgerissen neben den Schrecken des Alltags wintern…

Carsten Stephan: Bauhaussiedlung Dessau

Terzinen

Beharrlich mied ich jene Siedlungsstraßen
Mit ihren glatten, seelenlosen Bauten,
Die vor der Stadt sich in die Felder fraßen

Und ewig weiß und gleich und fremd ausschauten,
So dass sich alle, die das Schöne lieben,
Allein beim Abbild vor dem Ganzen grauten.

Doch jüngst hat mich der Zufall hingetrieben,
Ich staunte sehr und muss die Siedler loben:
Dank euch ist wenig, wie es war, geblieben.

Statt Fensterbänder, schwarz und abgehoben,
Sah ich beglückt die goldnen Dekosprossen.
Auch saßen jene einstmals zu weit oben

Und hatten so der Siedler Blick verdrossen
Auf Nachbars Gartenzwerg und Hütchenfichte,
Den sie nun auf dem Bette noch genossen.

Das Monotone machte man zunichte
Mit Dämmungsklinker- oder Schindelfronten,
Ihr Beige stand ihnen prächtig zu Gesichte,

Zumal, wenn sie am Dache glänzen konnten
Durch Braun, so dunkel wie der Wälder Rauschen,
Und gar durch ein Geweih mein Herz besonnten.

Doch soll die Siedlung wirklich uns berauschen,
Muss sie ganz lassen vom modernen Wahn:
Die flachen gegen Satteldächer tauschen,

Und übern First: ein goldner Wetterhahn!