Merzmensch: Goethe über das Sammeln

Goethe schrieb in einem Brief an Schiller über den Sinn des Sammelns: „Werter Freund, ich habe Dir schon bei meiner Ankunft in Weimar gesagt, dass ich abends, wenn ich vom Theater komme, ein großes Vergnügen habe, wenn ich die Karte ablegen kann, auf der ich beim Werkglauben und auf der Bühne notiert habe. Das ist meine Sammlung. Ich habe da mehrere Bände und habe auch – und das ist das Schönste – tausend tausend Beobachtungen über menschliche Natur gemacht, die mir sehr viel Vergnügen machen, solange ich noch lese. Mit einem Wort, ich habe vergessen, Dir zu vermelden, dass ich ein Sammler bin und dass ich es bin, weil es mir großen Vergnügen macht. Ich liebe es, zu sammeln, und so soll es eine Sammlung zu meinen Lebzeiten bleiben; dann will ich den Weltgeist bitten, mir das Unglück zu erfüllen, sie immer vermehren zu sehen. (…) Es ist mein größter Trost, einen größeren Sammelkasten zu haben, der nimmt mir den Verlust der Freunde nicht so sehr hart. Es hilft mir, mit mir behalten zu können, was mir lieb und teuer ist, und wenn das Gedächtnis den Geist täuscht, so ist das durch das Sammeln gut behoben. Ich bin durch das Sammeln ein ganz anderer Mensch. Das wirst Du daraus ermessen.“


(Dieser Text wurde von dem Sprachmodell GPT-3 generiert. die in fett markierten Stellen im Bild unten sind das „prompt“, der Rest stammt von der künstlichen Intelligenz)

Lea Schlenker: Heimweh

Über meinem Kopf braut sich ein Sturm zusammen
Ich habe gestern mit etwas Hilfe dreitausend Gedichte geschrieben
Auf einer Triumph die ich fast geschenkt gekriegt habe
Von meinem zweitliebsten Francesco
Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen
Denn heute morgen trafen wir uns am Genossenweg
Und dann wurde plötzlich alles Schwarz

In der Notaufnahme warte ich fast drei Stunden
Gegenüber sitzt ein Typ mit Tattoos im Gesicht und einem McDonalds Burger in der Hand
Er zwinkert mir zu und seine Freundin sieht aus als wolle sie mich verprügeln
Dieses Bern ist so ein Sammelbecken an Verrückten
Und ich bin ja auch nicht besser

Die Untersuchung lief eher unspektakulär ab
Ich bekam einen Ultraschall und die Oberärztin zeigte mir völlig verzückt den Embryo
Der Präsident der Wirtschaft steht auch neben ihr und meint
Dass ich jetzt leider weg bin vom Markt
Und bitte meine Stipendien zurückzahlen soll

Ich werde aus dem Krankenhaus entlassen und der Taxifahrer trägt keine Maske
Er lächelt schüttelt meine Hand und bietet mir eine Zigarre an
Dort wo der Taxameter sein sollte ist ein Cutter drin
Ich bin hin und weg von dieser entzückenden Kleinigkeit
Gebe ihm 50 Franken
Und steige im Rausch beim Monbijou aus

Ich male mir einen Sonnenaufgang
Aus den zwei Pfützen die am Boden liegen
Bald wird mich Eliana abholen
Bestimmt
Sie wird sagen
Komm wir fahren nach Zürich
Dort sind wir gross geworden
Also ich zumindest
Du bist ja noch ein Kind das nicht an den Kapitalismus glauben will und ernsthaft meint
Dass es mal mit dem Schreiben Geld verdienen kann
Auf dem Paradeplatz kann ich dir den Himmel zeigen
Wir ziehen ein Kokain von den Dächern und schauen zu wie die Welt untergeht
Ach Eliana
Wenn du mich nach dem Gottesdienst im ICF auf der Toilette fingern würdest
Dann wäre ich doch schon zufrieden

Daraus wird leider nichts
und es ist kalt und Sintflut im Juli
Die Bären brechen aus dem Park aus und schwimmen in der Aare bis zur Lorraine
Fressen im Becken die fetten Fische
Und verwandeln sich danach
In Nabokovs Schmetterlinge
Ich kämpfe an vorderster Front mit euchSchmetterlinge
Eine Linie in den Sand zu ziehen ist nicht einfach
denn mehr als oft ist sie verborgen
mit einer Zuckerschicht überzogen
und was weiss ich alles noch
Über meinem Kopf braut sich ein Sturm zusammen
Und ich gehe schlafen
Bevor wieder alles schwarz wird

Philip Saß – Erlebnis

Aus Welten, deren Namen ich nicht kannte
(ich spräche sie wohl eh nicht richtig aus
(weshalb ich sie auch leichthin »Welten« nannte)),
erschien ein Raumschiff, das empfindlich brannte:
Es brach entzwei, ein Männchen plumpste raus.

Ich schaute dem Geschöpf nur aus Versehen
und durch das Küchenfenster zu und rief,
was man halt ruft, wenn Havarien geschehen.
Es konnte mich jedoch nicht recht verstehen,
weil blauer Schleim aus seinen Ohren lief.

Ich rannte raus, um, was dort rang, zu retten,
und hätte mich vor r beinah verschluckt.
Ich tupfte, was mir Blut schien, mit Servietten,
bewarf das Wesen hektisch mit Tabletten, –
und schließlich hat es zögerlich gezuckt.

Ich wollte schon mit Erster Hilfe starten,
da wankte es und würgte kompliziert,
und seine fünfundvierzig Beine scharrten:
Abrupt verschied das Ding in meinem Garten,
und damit war der Abend ruiniert.

Harald Kappel – Malenmalen

abends am Brunnen

male ich ausgestorbene Vögel

obwohl ichs nicht kann

einen barocken Faun

ja

aber Blaumeisen

ha

sie fliegen in mein offenes Fenster

sie sind mir zu nah

malen kann ich nur

das Ferne

unter den Lichtern

Menschen

sie kann ich ich nicht malen

vielleicht

dich

mein Kloake singt dazu

reines Wunschdenken

horche der Elster

sie streift mit ihrem Schatten

durch den Garten

hellhörig

male ich den heiseren Klang

bist du es?

oder ist es doch nur

das Ferne

unter den Lichtern

das ich malen kann?

Harald Kappel – Am Gatter

durstig

unten am Tor

bin ich das Gatter

für die Sehnsucht

du

oben im Garten

wartest

schweigsam im Schnee

auf den falschen Freund

die Schrift deiner Augen

wird übermalt

von tropfendem Licht

auf den Porzellanflügeln

strahlt Perlmutt im Gegenwind

die Tragödie deiner Augen

dehnt die Zeit der Andacht

das Lügengebäude

im Schatten

atmet nicht mehr

ich übermale die Federn

mit Fehlfarben

du

oben im Garten

wartest

schweigsam im Schnee

auf das letzte Wort

von mir

das niemand kennt

und niemals fällt

Hydragea Must Die – Still Dreaming Of Vampires

When it stops raining the bats begin to sing
And I’ll be born again with crystals in my skin
Forever bound to die and fragment into stardust
The Earth exhales my body in a lifeless collapse

I won’t take my Love on a trip to the Moon
He’ll pick up the violets waiting for my return
I’ll leave him down there, summer garden at noon
With my sign on his chest, in the Chamber of Doom

He’ll grow the fruits du mal of our abandoned romance
With his arms full of glass, he will build up a fence
He will bury his bird heart in the dark and cold loam
Stardust Goddess won’t leave her baby alone

Margit Heumann – Grünes Freud und Leid

Mit dem Umzug aufs Land hatte ich plötzlich einen Garten, der bisher von der Mitbewohnerin akkurat bebaut worden war. Sie war froh, nur noch die Hälfte zu haben, und ich freute mich darauf, ökologisch wertvolles Gemüse und ein paar Blumen selbst zu züchten.

Im März konnte ich es kaum erwarten, mit dem Pflanzen zu beginnen. Ich teilte die Beete ein, ziemlich provisorisch, aber darauf kam es nicht an, dann zog ich eine Furche mit dem Hackenstiel und säte oder pflanzte in diese Rinne. Als ich fertig war, betrachtete ich zufrieden mein Werk. Keine Frage, alles war wohl gelungen. Nur im Vergleich mit Frau Langs Hälfte sah es ziemlich laienhaft aus. Ihre Beete waren genau rechtwinkelig, die Setzlinge in einer schnurgeraden Reihe mit genau gleichem Abstand. Später fand ich heraus, wie sie das machte: Sie hatte einen Meterstab für die Anlage dabei, sie spannte Schnüre für gerade Rinnen, sie hatte ein Stöckchen als Abstandsmaß zwischen den Pflanzen. Damit konnte ich nicht konkurrieren.

Mit dem Frühling begann auch die Saison in meinem Reitbetrieb. Zäune waren zu reparieren, Stuten kamen zum Decken, die Reitschüler wollten Unterricht und die Berittpferde Ausbildung. Der Garten geriet ins Hintertreffen. Oft saß ich bis spät abends auf dem Pferd, vergaß das Gießen oder hatte einfach keine Lust mehr. Zum Ausgleich stand ich dann mal wieder eine halbe Stunde mit dem Gartenschlauch da und ertränkte alles. Zum Jäten kam ich nur alle heiligen Zeiten, und wenn noch ein mehrtägiges Turnier oder eine Reitwoche auswärts dazu kam, schoss das Unkraut in die Höhe, dass es über den Nutzpflanzen zusammenschlug. Der Unterschied zu Frau Langs Hälfte wurde noch offensichtlicher: Bei ihr wurde kein Unkräutchen höher als zwei Zentimeter, bei ihr wurde zur richtigen Tageszeit und ganz gezielt mit der Gießkanne jedes einzelne Pflänzchen befeuchtet. Der Anblick ihres gepflegten Gartens deprimierte mich schrecklich.

Manche Pflanzen waren so robust, dass sie meine Pflegeattacken ziemlich unbeschadet überstanden. Die Zeit der Ernte kam. Über Wochen ernährten wir uns von verlaustem Salat, wurmigen Radieschen und winzigen Erdbeeren. Erntezeit schien nicht kompatibel mit Reitbetrieb, die Bohnen waren reif, als ich das Vereinsturnier vorbereitete, die Tomaten während einer dreiwöchigen Fortbildung, und ehe ich es bemerkte, war der Blumenkohl von Raupen zerfressen. Frau Lang dagegen ging jeden zweiten Tag ihr Gemüse durch und erntete die reifen Früchte, und der Blumenkohl wurde mit großen Blättern abgedeckt, sobald die ersten Kohlweißlinge auftauchten.

Ich war richtig erleichtert, als ich im Herbst den Garten leer räumen konnte. Nächstes Jahr, das nahm ich mir fest vor, sollte es anders laufen. Tat es natürlich nicht, und nach ein paar erfolglosen Versuchsreihen stellte ich den Gemüseanbau ganz ein und säte Grassamen aus. Ein Rasen war pflegeleichter, vor allem deswegen, weil ich meinem Mann das Mähen aufs Auge drücken konnte.

Arabella Block – Der Garten


Ich bin mein Garten.
Gewachsen bin ich wild.
Hab einen Zaun um mich gezogen.
Allerlei in mir kultiviert.
Schön sollte alles aussehen.
Fruchtbringend sein.
Und gerupft, gerupft hab ich.
Kraut gerupft, ausgerupft und mit Lust
die Erde von den schmutzigen Fingern geschüttelt.
O Lust des Rodens.
Geschwitzt hab ich.
Und die Nacktschnecken gefürchtet.
Alles für die Ernte.
Die hab ich verschenkt.
Was soll’s,
hab ich dann zu den Kletten gesagt,
und sie wachsen lassen.
Hab das Kraut willkommen geheißen
und sein wildes Blühen.
Die Äpfel den Igeln auf die Stacheln gespießt,
zwischen die wimmelnden Flöhe.
Den Ameisen gewunken.
Die Brennesseln kultiviert
für das Gaukeln eines Falters.
Blüht auch ihr, ihr Brombeeren,
und die Heckenrosen,
zückt eure Stacheln,
wuchert und schützt den Zaun.
Er bewahrt die Ernte
für das Chaos in mir.