Carsten Stephan: Elegie mit Schnee

Man wird am Morgen aus dem Schlaf gerissen.
Vorm Fenster schiebt wohl jemand diesen Schnee.
Man möchte nicht aus seinen warmen Kissen.
Der Wecker lärmt. Dann regt sich das Gewissen.
Man rafft sich auf und gurgelt mit Kaffee.

Man friert im Dunkeln an der Haltestelle.
Die Bahn fällt aus. Drei Flocken haben Macht!
Das Herz spielt auf wie eine Brasskapelle.
Man kommt zu spät in seine Großraumzelle.
Und auf dem Heimweg ist es wieder Nacht.

Man wird zuhaus im trüben Licht verstiegen,
Trägt drei Pullover und hat alles satt.
Man möchte in der Tropensonne liegen.
Nur hat man leider Angst vorm Fliegen
Und kauft bloß Birnen mit eintausend Watt.

Wenn man den Winterschlaf so richtig schliefe!
Man hat nicht mal in Süßem einen Halt.
Die Heizung rauscht. Die Nase schwillt im Miefe.
Man stürzte sich am liebsten in die Tiefe,
Doch ist es draußen eben viel zu kalt.

Man niest mit Fleiß und spuckend wie ein Lama.
Man geht sehr früh zu Bett und träumt konfus.
Vom Plansch im warmen Südseepanorama,
Vom Hai und eignen Bein … Ein ganzes Drama.
Dann schreckt man auf und tastet am Pyjama,
Denn ungern friert man nur an einem Fuß.