Ich glaube dieses mal ist es so weit. Es war ja eigentlich nur eine Frage der Zeit bis es passieren würde. Das hört man doch immer:
„Spaziergängerin findet Leiche beim Gassigehen.“
„Hundebesitzerin macht grausigen Fund.“
„Leiche beim Joggen entdeckt.“
Naja und weil ich jeden Tag mit meinen Hund in ein eher einsames Waldstück gehe, dachte ich irgendwann könnte so eine Schlagzeile auch mich zutreffen. Ob nun als Gassigeherin oder… grausiger Fund.
Der Geruch ist ziemlich eindeutig, so wie die Ratte damals, die bei uns im tot Keller lag. (Natürlich habe ich ein Bild an Mark Benecke geschickt, damit er es an seine Insta Community teilen kann. Total interessant was da alles gekrabbelt ist!)
Jetzt wäre es mir vielleicht schon ein bisschen mulmig, wenn ich nicht Rosali dabei hätte, meine 6 Jahre alte Maltipoo Dame. Der Gestank ist schon überwältigend, wenn man bisher nur Nagetier-Ausmaßen kannte.
(räuspert sich)
„Hallo, hier ist Leni Knopp, ich bin hier im Waldstück zwischen Schnärpen und Waldfenster und ich habe hier vor 4 Minuten eine vermutlich weibliche Leiche gefunden. Die Totenstarre scheint bereits eingesetzt zu haben, ich sehe kein Blut und…“ Ok vielleicht sollte ich weniger sagen. Sonst heißt es nur sie habe sich „nicht normal“ verhalten, wie bei Amanda Knox – großartige Doku auf Netflix – und dann lande ich im Gefängnis. Ne, ich mach das so ein bisschen besorgt, erschüttert, aber schon hilfreich. „Hallo, hier spricht Leni Knopp, ich befinde mich im Wald zwischen Schnärpen und Waldfenster und fürchte, ich habe gerade eine Leiche gefunden. Oh Gott, ich glaube ich muss mich hinsetzen“ – ok ein bisschen dick aufgetragen. Zum Glück werden die Notrufe in Deutschland nicht veröffentlicht, wie in den USA. Wobei das schon ein bisschen cool wäre, wenn ich dann in so einem Podcast vorkommen würde. Bei meinem absoluten Lieblingspodcast „Dead Girls Don’t Lie“ („Keep calm and don’t get killed, Mädels!“) gab es letztens eine Folge über den Fall der Menendez Brüder, und die haben den original Notruf gespielt, den die beiden abgesetzt hatten nachdem sie ihre eigenen Eltern getötet hatten. Krass!
Rosali zieht in Richtung des Müllbeutels und schnuppert aufgeregt. „Pfui! Aus!“ Man könnte meinen, dass so ein Mix aus Malteser und Pudel sich nicht in verwesenden Menschenfleisch wälzen möchte, aber nein, falsch gedacht. Naja zumindest vermute ich, dass es ein Mensch ist. Es könnte ja auch ein menschengroßes Tier sein. Boah, in irgendeinem Buch hatte ich das mal gelesen, da hat der Mörder über einer Leiche nochmal eine Tierleiche vergraben und natürlich haben die Leichenspürhunde angeschlagen und die Polizei dachte sich ‚oh ein totes Reh, dann graben wir nicht weiter.‘ War das von Simon Beckett oder Karin Slaughter? Naja beide haben richtig tolle Forensik Krimis geschrieben.
Bevor ich mich vor der Polizei blamiere sollte ich vielleicht doch vorher reinschauen. Ganz vorsichtig ich will ja keine Beweise zerstören, wie so ein Noob. Wenn ich da jetzt Anrufe heißt es am ende ‚Frau Knopp, hier hat nur jemand nur seinen Müll entsorgt. Warum rufen sie gleich die Polizei? Meinen Sie wir haben nichts besseres zu tun als hier Samstag morgens im Wald aufzukreuzen, Frau Knopp?‘ Irgend was in der Richtung werden die sicher sagen und sie haben ja auch Recht.
Durchatmen.
Ich binde Rosali an den nächsten Baum und nehme mir einen Stock der Lang genug ist, damit ich nicht so nah an den Tatort muss. Um keine Beweise zu vernichten, obviously.
Ein bisschen übel ist mir aber schon.
Ich hebe mit dem Stock ich die Öffnung des Müllsacks an.
Eine bläuliche Hand.
Die Fingernägel sind eigentlich gepflegt. Sie trägt einen milchig-rosanen Nagellack und schwarze Erde an ihren Nägeln. An ihrem Ringfinger befindet sich ein Abdruck an dem vor kurzem noch ein Ehering war.
Die Haut sieht irgendwie komisch aus. Wie Knete. Sie sieht aus als würde sie nicht wieder zurückspringen wenn man sie drückt.
Meine Hand greift mein Handy und wählt die 110.
„Lena Knopp, ähm, ich bin hier im Wald und da ist eine Leiche.
Äh Schnärpen nach Waldfenster.
Der Weg nach dem Trimmdichpfad.
Ja, ziemlich sicher, das ist eindeutig.
ok.
ok, ich warte.“