Ella Carina Werner: Feministische Tiergedichte

Alles unter einen Hut 
kriegt die Krakin. Die hat’s gut.
Mit einem Arm spielt sie Klavier,
mit dreien kippt sie Bier um Bier
und mit den allerletzten vieren
kann sie fröhlich masturbieren. 

Zum Kater sprach die Katze: 
„Du putzt das Haus, ich ratze.“
Das tat er. 
(Es war ein moderater 
Kater). 

Im Grase ruft die Schlangendame:
„Seht her, ich habe keine Arme!
Ein Glück. So kann ich gar nicht putzen,
keine Rosensträucher stutzen,
nie Socken ineinander knäulen
und dem Gatten keinen keulen.
Ich kann nur liegen, kriechen, krauchen
… und ab und an mal eine rauchen.“ 

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Zum Hengst sagt die Stute: 
„Hör mal, ich blute.“ 
„Wo denn?“ – „Im Schritt.“ 
„Igittigitt!“ 
„Es tropft da raus.“ 
„Genug! Schluss, Aus!“ 
„Kurz gesagt, ich menstruiere.“
„Das geht mir ganz schön an die Niere!“
„Es fließt und flutet, strömt und rinnt …“
„Ich bin hier gleich vor Ekel blind!
Könn’ wir nicht von was anderm reden?“
„Na gut. Es regnet heut in Schweden.“
„Puh, danke.“ 

Die Kuh, die lacht, der Bulle flennt:
So hat man sich im Stall getrennt.
Damit er wieder lächelt bald 
zahlt sie ihm etwas Unterhalt. 

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Heute starb ihr zwölfter Mann – gezogen ihm des Lebens Stecker!
Die Schwarze Witwe flennt zu Gott: „Warum sind die Kerls so lecker?“ 

Herr Seepferdchen gebar ein Kind
und macht darum ein bisschen Wind.
„Hey Leute, ich hab krass gebärt!“,
bis es das halbe Meer erfährt, 
„so hart gebärt! Gedrückt! Gepresst!
Mich vollgekackt und eingenässt,
und dann, nach dreißig Höllenstunden
kühn und gnadenlos entbunden!
Per Kaiserschnitt. Seht her, ich habe
‘ne geile Harry-Potter-Narbe! 
Drum muss ich jetzt beim besten Willen
die nächsten 20 Jahre chillen.“ 

Unter dichten Nebeldecken 
in geheimnisvollen Schluchten
hört man geile Tellerschnecken
mit viel Geschrei sich selbst befruchten. 

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aus: Ella Carina Werners Der Hahn erläutert unentwegt der Henne, wie man Eier legt (Kunstmann, 2025)