MAN SAGT, Bücherwürmer seien eine aussterbende Spezies
da es in naher Zukunft keine Bücher mehr gäbe & sich diese
Gattung also ihrem natürlichen Habitat entzogen in kürzester
Zeit laut evolutionärem Grundgedanken nicht neu orientieren
könnte & der Klimawechsel somit schwer beschädigt oder zumindest mit einer starken Aversion gegenüber unnatürlichen
Ausweichreservaten z.B. technologischen Gütern & somit
Gehalt also dem eigentlichen Inhalt nicht mehr folgen können,
Punkt.
Schlagwort: bastian kienitz
Bastian Kienitz: NORMAL
Blankosonett
ist es normal, wenn du an Kanten stößt
die sich an Kanten stoßen, hinter denen
die Gleichung allenfalls Wert Null beträgt
um jede Abweichung von vornherein
den einen Längengrad fernab zu schieben
bestimmst du zunächst eine feste Zahl
und zollst dem Raum die Winkelperspektive
die dich viel weiter, tiefer fallen lässt
komm! hüpf mit mir in den Kaninchenbau
und folge A) the white light, rabbit
in seinen Unterschlupf, dem Spiegelsaal
wo wir uns in der Anderwelt befinden
da ist dein Stigma allenfalls normal
um bei der Norm des Gleichgewichts zu bleiben…
Bastian Kienitz
Bastian Kienitz, Jahrgang 1975. Dr. rerum naturalium. Seit 2012 freiberuflicher Fotograf, Filmer und Schreiber. 2006-2012 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promotionsstudent an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Zoologie und Neurobiologie. Dissertation: Motorisches Lernen in Drosophila melanogaster. 2001-2006 Studium der Neurobiologie und Genetik an der Julius-Maximilian-Universität Würzburg. 1996-1997 Teilnehmer der CDG am Austauschprogramm für junge Berufstätige zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Amerikanischen Kongress.
Neben seinem Interesse für die Lyrik beschäftigt er sich intensiv mit den Grundlagen des Lebens, der Biologie und versucht Teile dieses Wissens in seine Werke mit einfließen zu lassen. Gleiches gilt für die digitale Fotografie »Momentaufnahmen in Wort und Bildform« die er seit 2008 betreibt. Als Promotionsstudent der Neurobiologie zog er 2007 nach Mainz, wo er noch heute lebt und schreibt. Bastian Kienitz ist Mitglied beim Bundesverband junger Autoren und Autorinnen e.V. (BvjA) und hat Lyrik, Prosa und Fotografien in verschiedenen Anthologien und Literaturzeitschriften veröffentlicht (u. a. in: Experimenta, Entwürfe, Kaskaden, Konzepte, Maulkorb und Versnetze). Zudem war Bastian Kienitz als Autor, Dichter und Fotograf in folgenden Ausstellungen, Preisverleihungen und Veranstaltungen präsent beziehungsweise erhielt dort Auszeichnungen und Anerkennungen:
- 2014, Anerkennungspreis beim Wiener Werkstattpreis 2013 für Zappgedichte.
- 2015, Finalist beim Kurzgeschichtenwettbewerb Zeilen.Lauf des Kulturfestivals Art.Experience der Stadt Baden mit der Kurzgeschichte Lovejoy.
- 2015, Gruppenausstellung PHOTOGRAPHY NOW in der Brick Lane Gallery London.
- 2016, Einzelausstellung UNKLARHEITEN im Gastfeld Bremen.
- 2016, Ehrenpreis beim Kunstgeflechtpreis des gleichnamigen Kunstvereins für seine Fotografie Millennium.
- 2018, einer der Gewinner des Literaturwettbewerbs Trixi im Morgenland mit dem Gedicht Am Anfang war das Wort sowie beim Lyrik-Wettbewerb des Vereins zur Förderung der Dichtung am Untermain e. V. mit dem Gedicht Unten am Main.
- 2019, Gewinn der »Honorable Mention« bei den Monovision Photography Awards für des Bild Es regnet Kohle.
- 2022, Gewinner des Rolf-Bossert-Gedächtnispreises sowie Nominierter beim Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis.
- 2023, Finalteilnahme beim Wiener Werkstattpreis für Fotografie sowie Gewinn der »Honorable Mention« bei den Neutral Density Awards mit dem Bild In Bewegung. Des Weiteren Preisträger der »Honorable Mention« bei den Chromatic Awards in der Kategorie Fotomanipulation/Amateur für das Bild Schnittmengen sowie Gewinner des ersten Preises in der Kategorie Architektur/Amateur mit dem Bild Yellow Feelings.
- 2023, Einzelausstellung MOMENTE beim Literaturfestival Reschitza.
- 2024, Gewinn der »Honorable Mention« bei den Annual Photography Awards 2023 mit dem Bild Blaue Blume.
Bastian Kienitz bei EBMD
Autor
- Bastian Kienitz: Vor Anker
- Bastian Kienitz: Ein Kommen und Gehen
- Bastian Kienitz – auf Grund
- Bastian Kienitz: [Der Staub der Kanäle]
- Bastian Kienitz: STEHENDE RÜSTUNGEN
- Bastian Kienitz: Über den Dächern von Vršac
- Bastian Kienitz: THE STOREHOUSE
- Bastian Kienitz: Pleasantville II
- Bastian Kienitz: Neujahr
- Bastian Kienitz: Schiff Ahoi!
- Bastian Kienitz: Leuchte mir
- Bastian Kienitz: KINDRED SPIRIT
- Bastian Kienitz: Dunkle Häuser
- Bastian Kienitz: LIFE IS BUT A DREAM II
- Bastian Kienitz: I shot the sheriff
- Bastian Kienitz: GRÄTENWALD
- Bastian Kienitz – DOBALE | SANKOFA
- Bastian Kienitz: Sichtverschiebung
- Bastian Kienitz: Römisches Theater
- Bastian Kienitz: Kirchenflor
- Bastian Kienitz: Du Musst
- Bastian Kienitz: Moderne Ansichten
- Bastian Kienitz: Midas
- Bastian Kienitz: 24.02.16 [0.00 Uhr]
- Bastian Kienitz: 23.04.2012 [1.30Uhr]
- Bastian Kienitz: Yachten
- Bastian Kienitz: Schupp den Aal
- Bastian Kienitz: Das Dachstudio
- Bastian Kienitz: Das Buch
- Bastian Kienitz: 10.11.2012 [2.00Uhr]
- Bastian Kienitz: The Chair
- bastian kienitz: Appolo und die Musen
- Bastian Kienitz: LA SCAPLIATA
- Bastian Kienitz: An den Fugen wackeln
- Bastian Kienitz: RETRO VOGUE LONDON SEASON
- Bastian Kienitz: PHOTOSHOP CS
- Bastian Kienitz: Amazon
- Bastian Kienitz: AFFEN
- Bastian Kienitz: DRAMA
- Bastian Kienitz: Die Dekonstruktion einer Palme
- Bastian Kienitz: Replikant
- Bastian Kienitz: Unter Spannung
- Bastian Kienitz: Töten im Namen von
- Bastian kienitz: Rheingold
- Bastian Kienitz: Moderne Liebe
- Bastian Kienitz: Das jüngste Gericht/Komposition V
- Bastian Kienitz: UNTITLED I
- Bastian Kienitz: 3 DEKADES OF DISSIDENT
- Bastian Kienitz: HELL YEAH, endlich gibt es Kriegsroboter
- Bastian Kienitz: Bücherwürmer
- Bastian Kienitz: NORMAL
- Bastian Kienitz: PEACEMAKER
- Bastian Kienitz: WAANSWU
- Bastian Kienitz: INDUSTRIEBAUERN
- Bastian Kienitz: Wir sind alle Zeugen
- Bastian Kienitz: Treibstoff zum Feuern
- Bastian Kienitz: MENSCHLICHE SCHLACHTEREI
- Bastian Kienitz: SPLATTER
- Bastian Kienitz: Jemand erzählte mir
Sprecher
Bastian Kienitz: PEACEMAKER
P E A C E M A K E R nannten sie ihn in der Schule den freundlichen Friedensstifter der mit bleihaltigen Worten um sich schießt eine für jeden pflegte dieser zu sagen und zielte mit Zeigefinger und Daumen auf alles was sich bewegte direkt in die Mitte das war zumindest sein Ziel ein Blattschuss punktgenau in das Herz der nächsten Generation die immer noch verwirrt vor dem Display hockt und jeden blutigen Kampf verliert
Anmerkung: Das Gedicht wurde von dem gleichnamigen Bild PEACEMAKER von K.R.H. Sonderborg inspiriert.
Bastian Kienitz: WAANSWU
Gestern, als wir gierig die Gezeiten
leckten, die wie Lava aus dem
Tropfstein brachen und uns in der Arche
wiederfanden WAANSWU nicht sicher
welches Tier es über den Rand
der Klippe schafft, die Welt
glich einem Friedhof
der verwaisten Kuscheltiere
die mit ihren Kulleraugen traurig
schauen.
Hast du schon einmal
den Friedhof der Kuscheltiere gesehen?
Also man gräbt ein Loch, mindestens
ein paar Meter tief, Filmangabe hier
P18 und nimmt ein wenig Löschkalk
trocken Korngröße extrafein
mal Moor der kleinen Götter
ich meine F*… was ich dort zu sehen bekam
das war definitiv ein Horrorfilm
Anmerkung: Das Gedicht wurde von dem gleichnamigen Bild WAANSWU von Jaroslav Serpan inspiriert.
Bastian Kienitz: INDUSTRIEBAUERN
(Blankosonett)
das Feld liegt brach und schweigt im engen Raum
dem Leben nach, das von den Wänden blättert
wie Scheinabraum der toten Außenkippe
mit dem Ergebnis schwerer Arbeitsgänge
sitzt man zu Tisch und faltet seine Griffel
im Glauben, dass jetzt alles besser wird
zum Erntedank gibt es ein Luftgemisch
mit Staub dosiert, damit die Augen brennen
jetzt zuckt der Nerv ganz aufgeregt und spastisch
mit der Tendenz sich weiter zu entfalten
wird Sitzfleisch tagelang gut angemästet
plus Tierversuch: Tablettenresistenzen
vom hohlen Geisteszustand ganz zu schweigen
dass sich so manche selbst für Götter halten…
Das Gedicht wurde von dem gleichnamigen Bild INDUSTRIEBAUERN von Georg Scholz inspiriert.
Bastian Kienitz: Wir sind alle Zeugen
es sind Bilder
welche dich verfolgen
festgebrannt
auf einem Negativ
aus digitalen
Zwischenräumen
gestochen scharf
in HD-Qualität
hier habt ihr
einen Ort wie jeden
plus Kain
der hat seinen Bruder
erschlagen
auf einem Feld
gleich hinterm Gebüsch
mit der verödeten
Gleichgültigkeit eines Males
Bastian Kienitz: Treibstoff zum Feuern
Masse ist gleich Treibstoff zum Verfeuern in deren Mittelpunkt
ein junger Mensch am Anfang seines Lebens steht als hätte er
A) keine andere Möglichkeit und B) die rote Pille bereits jetzt
geschluckt – K E R N B O T S C H A F T:
Macht zur Wahrheit oder Mut zum Wissen wenn die Wimpern
ausgerissen neben den Schrecken des Alltags wintern…
Bastian Kienitz: MENSCHLICHE SCHLACHTEREI
(Blankosonett)
auf bleicher Leinwand schwimmen Überreste
vom Wind verweht, was durch die Steppe zieht
semihumid mit Löss aus karger Quelle
der von der Tundra Kälte mit sich bringt
die strömt hinunter in die Südgefilde
und leckt mit ihrer scharfen Zunge Fleisch
das von den Rippen fällt, die Nahrungsspitze
wird umgekehrt und schreit die ganze Nacht
Verzweiflung drängt aus jeder Fieberpore
und schwitzt sich aus, bis sie von innen friert
nennt sich selbst Unmensch dieses Innenleben
das nichts als nehmen und Ermordung kennt
heißt Schlächter in den Tiefen seiner Seele
wir sehen uns in Wald und Höhle selbst
»nennt sich selbst Unmensch« Zitat: aus dem Drama Faust – Der Tragödie erster Teil, Wald und Höhle von Johann Wolfgang von Goethe. Das Gedicht wurde zudem von dem gleichnamigen Bild MENSCHLICHE SCHLACHTEREI von WOLS inspiriert.
Bastian Kienitz: SPLATTER
(dt. Spritzer, Blankosonett)
die Schütte Splatter auf dem weißen Leinen
trägt keinen Namen, doch es riecht nach Blut
aus alten, längst verwaisten Regentagen
Film ab, jetzt sag zur Horrorshow: Beginn
und höre selbst wie Tropfen lautstark klopfen
mit jedem Spritzer Klatsch lautmalerisch
zu einem Kunstwerk, deinem Opfer werden
in dem die Kraft der reinen Seele steckt
du fließt und mit dir fließen lauter Worte
im Zeilenabstand, der jetzt leiser wird
und anfängt todeswund abstrus zu röcheln
bis du dich selbst in einem Wort erkennst
und deine Flügel auseinanderfaltest:
du unterzeichnest dich und fliegst davon…
»du unterzeichnest dich« in Anlehnung an den Vers „Du unterzeichnest dich mit einem Tröpfchen Blut“ aus Faust 1, Studierzimmer II von J.W. Goethe. Des Weiteren ist das Gedicht von dem gleichnamigen Werk SPLATTER von Hermann Nitsch inspiriert worden.